USA, Kanada 2012 (Total Recall) Regie: Len Wiseman mit Colin Farrell, Kate Beckinsale, Bryan Cranston, Jessica Biel, Bill Nighy 118 Min.
In einer Zeit, die „recall" mit prolligem Dumpf-Sänger und piepsiger Modell-Quälerin verbindet, kann man tatsächlich ein Remake von Schwarzeneggers / Paul Verhoevens „Total Recall" aus dem Jahr 1990 bringen. Wobei die total runderneuerte Version direkt enttäuscht: Alles was in den ersten 30 Minuten passiert, wurde bereits im Trailer verraten: In einer verseuchten Zukunft, in der zwischen die Vereinigten Staaten von Großbritannien und die ausgebeuteten Kolonien (Australien) ein unterirdischer Schnelltunnel verbindet, will sich der frustrierte Arbeiter Douglas Quaid (Colin Farrell) mit dem künstlichen Traumtrip der Firma „Rekall" von seinen Alpträumen erholen. Doch bevor ihm dabei klar wird, dass er eigentlich der sagenhafte Geheimagent Hauser ist, hat er auch schon einem ganzen Trupp schwer bewaffneter Regierungssoldaten umgebracht. Seine zu schöne Ehefrau Lori (Kate Beckinsale) will ihn von nun an ums Leben, und die andere Schöne, Melina (Jessica Biel), sicher zu den Rebellen in den Kolonien bringen.
Das Original von 1990 wirkt nicht nur aus heutiger Sicht mit den horrenden Mutationen auf der Mars-Kolonie wie ein Trash-Filmchen, kann aber trotzdem einige Punkte machen. Jeder Film sieht nach 20 Jahren digitaler Tricktechnik besser aus, was jedoch in dem ganzen „production design" verloren geht, ist die Idee von Philip K. Dick. Nach „We Can Remember It For You Wholesale", einer der vielen Kurzgeschichten des legendären Science Fiction-Autors, entstand „Total Recall" und wie immer haben bei ihm die Identitäten doppelte Böden, die selbst ihre Eigner nicht kennen. Beziehungsweise erst im Laufe der Handlung schmerzlich erkennen müssen. „Glaube nichts und niemanden" könnte so ein Kerngedanke der Dickschen Aufklärung sein. „Wer bin ich und wenn ja, wie viele?" ist als Frage aber auch immer noch zeitgemäß. Ebenso wie die Entscheidung zwischen dem Sein oder Nicht-Sein, dem Wachen oder dem Träumen (Hamlet), der roten oder der blauen Pille (Neo). All dies kann selbst heftigster Action-Ballast nicht ganz untergraben, weitestgehend schon.
Doch genug philosophiert, Action ist 2012 eindeutig die Hauptsache. Bei all dem ermüdenden Rennen und Raufen läuft als Running Gag mit, dass Hauser von seiner Frau Lori verfolgt wird. Dann gibt es noch etwas Zicken-Krieg und die Geldscheine der Vereinigten Staaten von Großbritannien ziert der Kopf von Obama. Ansonsten nehmen wir alles sehr ernst. Da sehnt man sich fast nach dem nicht gerade begnadeten Schauspieler Arnold Schwarzenegger, dessen humoristische Einzeiler wenigstens nachhaltig funktionierten. Colin Farrell spielt Hauser ziemlich verkrampft, Kate Beckinsales Lori wirkt lange wie die eigentliche Heldin. Sie ist auch Gattin des „Underworld"-Regisseurs Len Wiseman. Gut sieht das in die Hand implantierte Handy aus, das sich mit jeder Glasplatte zum kompletten Computer erweitern lässt. Allerdings gehört es auch zur totalen Überwachung.
Technische Spielereien genehmigt sich der Film selbst reichlich: Beim Verfolgungsjagd mit fliegenden Autos schießt man immer noch irgendwie auf die Reifen. Im riesigen, multi-direktionalen Aufzugsschacht, wechselt man weiterhin die Richtung mit beherztem Sprung. Auch der Effekt von Maschinengewehr-Rückstößen in Schwerelosigkeit ist eindrucksvoll, aber nicht originell. Schön höchstens, dass zur Erinnerungs-Hilfe eine Klavier-Szene aus „Blade Runner" (ebenfalls von Dick) nachgebaut wird. Auch die Straßen-Szenen in der Kolonie kopieren dreist, genau wie die Roboter, die peinlich nach „Clone Wars" oder „I, Robot" aussehen. Also mehr Schein als Sein, was wieder eine Aussage von Dick sein könnte, jedoch kaum so von den Filmemachern gemeint.