1.3.11

The Tree

 

Australien, Frankreich, BRD, Italien 2010 (The Tree) Regie: Julie Bertucelli mit Charlotte Gainsbourg, Morgana Davies, Marton Csokas, Christian Byers, Tom Russell 100 Min. FSK ab 6

 

Pünktlich zum 20. Todestag von Serge Gainsbourg kommt dieser traumhafte Film mit seinem mittlerweile sehr reifen Töchterchen Charlotte in die deutschen Kinos. Wie um sich dem Vater würdig zu erweisen, zeigt die Sängerin und Schauspielerin auf raffinierte Art eine der vielen Facetten ihres Könnens. Dass man Charlotte Gainsbourg parallel zum „Antichrist" wieder beim Schmusen mit einem Baum sieht, mag Zufall sein. Mit vielen eindringlichen Darstellungs-Nuancen zwischen düsterem Horror („Antichrist") und lichter Natur-Mystik in „The Tree" ist Gainsbourg wieder ein Grund, ins Kino zu gehen. Julie Bertucellis zweiter Kinofilm (nach „Seit Otar fort ist", 2003) ein noch besserer.

 

Ein netter Vater, eine glückliche Tochter fahren durch überwältigende australische Landschaften nach Hause. Da ereilt ihn eine Herzattacke, der führerlose Pickup rollt die letzten Meter aus und stößt gegen einen riesigen Baum vor dem Hause der Familie. Peter O'Neil lässt nicht nur Tochter Simone (Morgana Davies) zurück, sondern auch noch drei weitere Kinder und seine Frau. Dawn O'Neil (Charlotte Gainsbourg) streckt die Trauer nieder, regungslos verharrt sie tagelang im ehelichen Schlafzimmer. Simone findet ihren Schmerz-Ort im Bau und bemerkt ganz nebenbei aber ernsthaft, Vater würde durch den Bau zu ihr sprechen. Dawn verbittet sich den Blödsinn, aber als die Tochter nur mit fremder Hilfe von Ungetüm aus Ästen und Wurzeln herunter geholt werden kann, kommt die junge Witwe den pflanzlichen Armen näher. Und spürt etwas. Der Baum nimmt in der Folge zunehmend Raum ein, verstopft die Wasserleitungen. Ein knackiger Klempner namens George (Marton Csokas) behebt das Problem und bietet Dawn einen Posten sowie den Platz an seiner Seite an. Daraufhin kracht ein gewaltiger Ast in ihr Schlafzimmer, die belebte Natur macht sich mit Fröschen im Klo und Flughunden in der Küche bemerkbar.

 

Eine Geschichte von Abschied und Trauer, in der unter betörend blauem und weitem Himmel von ganz ferne die Mystik aus Peter Weirs „Picknick am Valentinstag" anklingt.  Auch in „The Tree" schwebt die Musik. Julie Bertucelli schafft es vor allem durch das sichere Spiel von Charlotte Gainsbourg, die sehr ungewöhnliche Geschichte - nach dem Roman „Our Father, Who Art in the Trees" von der australischen Autorin Judy Pascoe - glaubwürdig und gerade nicht „spinnert" zu präsentieren. Nach einem heftigen Sturm bleibt stimmig eine besondere Stimmung zurück, in der Menschen und Natur innig verbunden sind.