11.1.11
Morning Glory
USA 2010 (Morning Glory) Regie: Roger Michell mit Rachel McAdams, Harrison Ford, Diane Keaton, Jeff Goldblum 108 Min. FSK ab 6
Was waren das noch für Zeiten, als eine Abrechnung über die Kommerzialisierung des Fernsehen über Leichen ging: „Network“ von Sidney Lumet erhielt 1977 vier Oscars und machte Ernst mit dem Widerstand gegen Anspruchslosigkeit und Volksverdummung. Heute gibt es Frühstücksfernsehen, „Social Network“ und wenn Filme wie „Morning Glory“ das längst verlorene Thema noch einmal angehen, dann sollte man alle Hoffnung fahren und das Unterhaltungs-Popcorn rankarren lassen. Wenigsten gibt es bei all dem hübschen Elend einen herrlich grimmigen Harrison Ford zu sehen.
Identifikationsfigur für das Publikum von Heute ist Becky Fuller (Rachel McAdams), ein fleißiges Medien-Lieschen. Die Producerin provinzieller Fernseh-Shows hat nur Ehrgeiz im Kopf und auch Herzen weite Leere. Die Kündigung lässt ihr Leben, das nur Arbeits-Leben war, in ein tiefes Loch fallen, doch nach gefühlten zwei Stunden Verzweiflung holt sie die Frühstückssendung „Daybreak“ nach New York. Die 28-Jährige feuert auf dem sinkenden Morning Show-Schiff zuerst den arroganten, sexistischen Star-Moderator und bemüht sich dann um die Reporter-Legende Mike Pomeroy (Harrison Ford). Ausgestattet mit allen großen Preisen des Metiers und einem Vertrag, der ihm viel Zeit für seine Hobbies lässt, interessiert den seriösen Journalisten nichts weniger als eine alberne Sendung mit Kochrezepten, netten Gesprächen und sonstigen Nichtigkeiten. Doch da gibt es noch das Kleingedruckte und Becky landet tatsächlich ihren Besetzungs-Coup. Während Pomeroy herrlich angewidert auftaucht, um vor allem mit seiner Co-Moderatorin, der ehemaligen Schönheitskönigin Colleen Peck (Diane Keaton), herumzuzicken, sinken die Quoten weiter in den Keller, in dem sich die Redaktion der Sendung schon seit Jahren befindet.
„Morning Glory“ kann eigentlich nur zynisch gemeint sein, glorios ist hier nichts. Der Film hat eher „Die Teufelin“ als Verwandte denn den Klassiker „Network“. Und: Auch wenn man das austauschbare Gesicht von Rachel McAdams im Mode-Filmchen „Teufelin“ verortet - sie war nicht mit dabei und auch nicht bei irgendwas anderem von Belang. Ihre Rolle als nerviger Workaholic wird nur durch Mitleid oder ein „Ach, wie süüüß“ erträglich. Trotzdem schlägt sich der Film tatsächlich auf ihre Seite und feiert einen blondierten und exzellent bebilderten Sieg gegen Anspruch, Wissen und Verstand.
Der routinierte Regisseur Roger Michell, der mit „Notting Hill“, „Frontline“ oder „Jane Austens Verführung“ auch herausragende Filme realisierte, kann mit diesem Stoff (Buch: Aline Brosh McKenna) nur scheitern. Neben der auffällig guten Bildgestaltung, die Bildungsanspruch ersetzt, bleiben die großartig spöttischen Darstellerleistungen: Jeff Goldblum bringt als Beckys Sender-Chef eine notwendige Dosis Realismus in das Medien-Märchen. Harrison Fords ehrenwerter Reporter, der schon „Mutter Theresas Kopf mit nassen Lappen kühlte“, übersteht selbst die schmonzettigsten Szenen. „Morning Glory“ schmeichelt die Augen und beleidigt das Hirn.