2.1.11

Howl - Das Geheul


USA 2010 (Howl) Regie: Rob Epstein, Jeffrey Friedman mit James Franco, Todd Rotondi, Jon Prescott 90 Min.

Der historisch-literatische Fall ist Fakt, ein Kuriosum im ewigen Kampf zwischen künstlerischer Freiheit und Enge der Gesellschaft, zwischen der bedrohlichen Kraft der Poesie und ängstlich um sich schlagender Prüderie. Das Gedicht „Howl“ des noch nicht berühmten Beat-Poeten Allen Ginsberg (1926-1997) wurde 1955 veröffentlicht und zwei Jahre später beschlagnahmt. Ginsbergs Verleger Lawrence Ferlinghetti wurde wegen Obszönität angeklagt (und später freigesprochen). Vor allem die Zeile „die sich in den Arsch ficken ließen von heiligen Motorradfahrern und vor Freude schrien“ störte prüde Geister.

In fast absurden Szenen diskutieren im genialen Spielfilm „Howl“ nun sehr ernste Menschen über die Bedeutung der Zeilen und interpretieren an ihnen herum. Dazwischen allerdings entfaltet sich die Kraft der Worte von „Howl“ in einer kongenialen Animation (Regie Eric Drooker) und einer Lesung vor begeistertem Publikum. Als vierte Ebene reinszeniert der Film Interviews mit Ginsberg, die fast so fantastisch und wortgewaltig verlaufen wie das Gedicht.

Mit diesem harmonisch verlaufenden Vierklang der Annäherung an Howl lassen die Dokumentarfilmer Epstein und Friedman („Gefangen in der Traumfabrik – The Celluloid Closet“, 1995) einerseits den ursprünglichen Text wirken, nähern sich aber auch immer wieder neu an das packende Poem an, schaffen mit Wiederholungen ein eigenes filmisches Versmaß zu Howl. Der angeblich im Rauschzustand entstandene Aufschrei gegen die Herrschaft des Geldes, gegen starre Regeln zeigt sich so erstaunlich lebendig und gegenwärtig. James Franco macht sich in der Rolle Ginsbergs unvergesslich.