14.9.10
Ponyo
Japan 2008 (Gake No Ue No Ponyo) Regie: Hayao Miyazaki 101 Min.
Wenn selbst hartgesottene Filmkritiker, die sich auch gerne mal Splatter und Gewalt antun, mitten in der Nacht während eines Festivals ganz selig und glücklich dreinschauen, dann muss dieser „Zeichentrickfilm für Kinder“ wirklich besonders sein. Vom 69-jährigen japanischen Animationsmeister Hayao Miyazaki, der schon mit "Prinzessin Mononoke" (Berlinale Gewinner), "Chihiros Reise ins Zauberland" (Oscarsieger) sowie "Das wandelnde Schloss" begeisterte, kommt nun eine liebevolle Verquickung von Andersens „Die kleine Meerjungfrau“, Goethes Zauberlehrling, Wagners Walkürenritt und Disneys "Nemo".
Etwas ist seltsam an diesem kleinen Goldfisch, der sich in ein Marmeladenglas verklemmt hat. Zuerst die sehr klugen Gesichtszüge um die wachen Augen. Dann heilt das Fischlein eine Wunde am Finger des fünfjährigen Sosuke, der den Fisch namens Ponyo findet und befreit. Und schließlich passiert etwas im Meer, das scheinbar nach Ponyo schnappt und immer bedrohlicher an den Klippen der Steilküste empor schwappt. Doch zuerst entwickelt sich eine niedliche Freundschaft zwischen dem Jungen und dem Fisch. Sie wächst so sehr, dass Ponyo zum Mensch werden will. Aber ihr Vater, ein mächtiger Zauberer des Meeres holt sie zurück in die feuchten Tiefen. Als Ponyo den Zaubertrank sucht, um menschlich zu werden, lässt sie das Wasser des Lebens ausfließen und startet katastrophale Veränderungen: Riesige Fische aus der Vorzeit tauchen auf, Ponyos Geschwister wandeln sich zu gewaltigen Wellen. Derweil retten sich Sosuke und seine neue Freundin mit einem von Zauberhand vergrößerten Spielzeugkahn vor den Fluten und Sosukes Mutter kümmert sich um die Aufregung in einem Altenheim auf dem Berg. Doch das Abenteuer ist noch lange nicht zu Ende, denn Ponyos Vater ist auch auf dem Lande mächtig.
Die Vorlage des neuen Meisterwerks aus dem berühmten (Animations-) Studio Ghibli stammt unverkennbar von Hans Christian Andersen. Doch „Ponyo“ ist viel mehr und in jeder Faser von Hayao Miyazaki: Sei es in den fantastischen Visionen, sei es im ökologischen Grundgedanken, der leicht und verspielt überall auftaucht. Magisch an „Ponyo“ ist auch, dass er seine Wirkung mit scheinbar simplen Zeichnungen hervorruft. In einer Zeit, in der selbst größter Schrott mit 3D zu etwas Speziellem aufgewertet werden soll, erscheinen Miyazakis 2D-Zeichnungen fast naiv. Trotzdem bleiben seine Figuren fantastisch, sind seine Menschen nahe an Fabelwesen, ebenso wie die Tiere reizvoll menschliche Züge zeigen. Ein großer Humanist ist der Japaner sowieso: Gut beobachtet wurde schon, wie liebevoll auch das Zusammenleben mehrerer Generationen in „Ponyo“ dargestellt ist. In Japan hatten vor zwei Jahren mehr Menschen „Ponyo“ gesehen, als alle anderen Filme des Jahres zusammen. Ähnlich verhält es sich mit dem Glücksgefühl, das dieses Filmwunder im Verhältnis zu anderen Filmen hervorruft.