6.9.10

Pianomania - Die Suche nach dem perfekten Klang


Ö, BRD 2009 (Pianomania) Regie: Lilian Franck, Robert Cibis 93 Min.

Musiklaien muss man vielleicht erklären, dass ein Piano nicht nur verstimmt und richtig gestimmt sein kann - nein, jeder große Pianist hat ein eigenes Verständnis davon, wie sein Piano richtig gestimmt sein soll. Die großen Stars der internationalen Klimperei haben dazu jeweils ihren Lieblings-Flügel: Wie andere beim Chinesen ihr Essen bestellen, wünschen sie sich ihren Steinway: „Für die ‚Die Kunst der Fuge’ hätte ich gerne Nr. 109!“ In diesem Extrembereich des perfekten Klanges arbeitet Stefan Knüpfer. Der Cheftechniker und Meisterstimmer von Steinway & Sons ist enger Vertrauter von weltberühmten Pianisten wie Lang Lang, Alfred Brendel, Rudolf Buchbinder und Pierre-Laurent Aimand. Vor Konzerten oder CD-Einspielungen ziehen sie ihn zu Rate, besprechen die Konzeption ihrer speziellen Interpretation und lassen ihn auch immer wieder während der Aufnahmen „feintunen“.

Das mag sehr speziell klingen - geriet aber der tollen Dokumentation zu einem ungemein unterhaltsamen und fesselnden Porträt einer besonderen Tätigkeit und eines sonderlichen Menschen. Denn Stefan Knüpfer ist durchaus ein Spezialist, wenn man den „nerd“ wohlmeinend übersetzt. Er ist besessen von der Suche nach dem richtigen Klang, bastelt beispielsweise Tonreflektoren, die über dem Flügel einzelne Bereiche des Klangspektrums verstärken. Oder er fummelt kleine Dämpfer zwischen die Saiten. Diese Tüfteleien sind äußerst faszinierend. Der Sonderling ist nebenbei auch noch auf anderen Gebieten äußerst kreativ und erarbeitet mit dem Komikerpaar Igudesman und Joo regelmäßig eine virtuose Comedy-Show auf der Konzertbühne.

Über den grandiosen Selbstdarsteller Knüpfer, dem es nie in den Sinn kommt, dass er auch albern wirken könnte, gelingt es den Regisseuren Lilian Franck und Robert Cibis, den Zuschauer in die ganz spezielle Welt des perfekten Klangs zu entführen und ihn dort zu bannen. Was der Piano-Stimmer zu seinen Pianisten sagt, trifft auch auf ihn selbst zu: „...statt ‚neurotisch’ würde ich sagen: ‚spezialisiert’.“ Die großartige und sehr unterhaltsame Dokumentation wurde im August 2009 als Beste Dokumentation bei der renommierten Kritikerwoche von Locarno ausgezeichnet.