1.12.09
Whatever Works - Liebe sich wer kann
USA 2009 (Whatever Works) Regie: Woody Allen mit Evan Rachel Wood, Larry David, Ed Begley jr., Patricia Clarkson, Henry Cavill 92 Min.
Woody Allen ist nach Ausflügen in europäische Gefilde mit seinem 40. Film wieder in New York gelandet und die Stadt tut seinem bitter-süßem Humor spürbar gut. So ist „ Whatever Works“ kein Wohlfühl-Film. „Wenn Sie sich wohlfühlen wollen, lassen Sie sich eine Fußmassage geben“, lässt Allen seine zynische Hauptfigur Boris Yellnikoff in die Kamera sprechen. Doch gerade der größte Lebensverächter, der seit einem „missglückten“ Selbstmordversuch humpelt, ist vor Überraschungen nicht gefeit.
Der alte Misanthrop Boris Yellnikoff will nichts anderes als von der Welt in Ruhe gelassen werden. Er hatte längst mit dem Leben abgeschlossen, zeigt sich lächelnd arrogant, voller Verachtung für den Großteil der Menschheit. Nachdem seine Ehe mit der schönen, klugen, reichen und verliebten Frau zu perfekt war, zog er sich in eine billige Wohnung nach Downtown zurück. Dort rechnet er wortreich und kunstvoll mit den Zeitungen ab, mit den Kirchen, eigentlich mit allem und allen. Der geniale Quantenmechaniker, der „fast für den Nobelpreis nominiert“ wurde, gibt Kindern Schachunterricht gegen Geld, wobei die durchgehend dämlichen Kleinen zumindest beleidigt werden, wenn sie nicht gar das Schachbrett an den Kopf bekommen. Das Genie Boris ist mit vielem gesegnet, nur nicht mit Charme.
So könnte das schöne Leben von Boris weitergehen, wäre nicht irgendwann Melody in sein Leben gestolpert. Die ziemlich einfältige, sehr junge Ausreißerin vom Mississippi wird widerwillig für eine Nacht aufgenommen. Aus ein paar Tagen wird ein Monat, die Absteige von Boris sieht immer besser aus und dann verliebt sich Melody sogar in den alten Mann, der eher als ihr Opa, denn als ihr Vater durchgeht. Boris interessiert das alles nicht, doch immerhin wird das Mädchen in seinen Augen immer schöner: Auf einer Skala von 1-10 entwickelt sie sich von einer 5, gebadet vielleicht 6, zu einer 10 und dann heiraten sie schließlich. Getreu dem Motto: Whatever Works - Jeder, wie er lustig ist!
Das alles ist reichlich kurios und mit guten Schauspielern sehr schön witzig präsentiert. Doch jetzt legt das Skript des 74-jährigen Woody Allen, das 30 Jahre verschollen war, erst richtig los: Melodys Mutter taucht auf, wandelt sich rasant von einer reaktionären Hinterwäldlerin zu einer New Yorker Aktfotografin, die mit Leo, seinem Freund und den Freunden seines Freundes ins Bett geht, genüsslich Heisenbergs Unschärfe-Relation auf Sex zu dritt überträgt. Woody Allen stellt nun wirklich alles auf den Kopf nur der alte Misanthrop Boris bleibt sich treu und allein. Bis er zum zweiten Mal aus dem Fenster springt....
Der alte Allen trumpft mit „Whatever works“ verrückt und frech auf, legt wieder ein Meisterstückchen hin. Die Scherze und Sätze sind vielleicht nicht ganz so geschliffen. Da klopft Beethovens Fünfte tatsächlich als Schicksal an die Tür und ein hoher IQ wird mit einem tief eingeschnittenen Kleid gepaart. Viagra-Scherze und Pygmalion-Verweise dürfen nicht ausbleiben, auch wenn Dummchen Melody nichts versteht. Doch vor allem und trotz aller Ankündigungen ist „Whatever works“ der freundlichste und gütigste Woody Allen seit langem. Allen und Boris, für beide gilt: Ein liebenswerter (und genialer) Misanthrop.