8.12.09
Der Solist
USA 2009 (The Soloist) Regie: Joe Wright mit Jamie Foxx, Robert Downey jr., Catherine Keener 117 Min. FSK ab 12
Der berühmte Cellist Yo-Yo Ma spielt in einer von ihm selbst produzierten Filmserie zu Bachs Cello-Suiten irgendwann mitten im Verkehr auf der Straße. Ein schöner Kunst-Trick, das Brausen des Verkehrs vor der Klarheit der Töne entweichen zu lassen. Auf der Straße spielt auch jemand, der mit dem Cello-Star an der renommierten Julliard School in New York studierte: Nathanial Ayers, einst Wunderkind und auf diesem angesehenen Musikkonservatorium, lebt obdachlos auf den Straßen von Los Angeles. Dort findet ihn der bekannte Kolumnist Steven Lopez und was folgte, ist gleichzeitig dieser Film und die Geschichte dieses Films. Ayers wurde über die Kolumne von Lopez berühmt - und Lopez mit der Kolumne über Ayers. Neben der rührenden Story, zeigt sich dieser mehrschichtige Film wenig eindeutig und stringent, und das spricht für ihn.
Nach dem Buch von Steve Lopez komprimierte und dramatisierte die Autorin Susannah Grant die wahre Geschichte: Aus der zufälligen Begegnung von Lopez (Robert Downey jr.) und Nathaniel Ayers (Jamie Foxx) entwickelt sich eine Obsession des Zeitungsjournalisten: Nathaniel ist für Steve Lopez erst nur eine Kolumne, dann eine Auszeichnung und ein Buchvertrag, aber längst schon ein Freund, ein schwieriger. Der einzige vielleicht? Ayers schiebt den Einkaufswagen mit seinem Besitz durch die Stadt, spielt in den Unterführungen und Parks Beethoven auf einer Geige mit zwei Seiten. Als eine Leserin ihm ein Cello schenkt, ist der zerlumpte Obdachlose ebenso verzückt wie sein Zuhörer Lopez. Sein liebstes Publikum, die mit ihren Flügeln klatschenden Tauben in den Straßentunneln der Stadt, heben in dieser Szene sogar zu einem grandiosen Bilderflug in den siebten Himmel ab. In Rückblenden muss man dagegen die quälenden Irritationen mitempfinden, die bei Nathaniel seine Schizophrenie ankündigen. Er verlässt die Musikschule und seine Wohnung, um fortan auf der Straße zu leben.
„Der Solist“ ist in seiner Montage eher Jazz als Hollywood. Er springt in Bild und Ton sehr erfrischend umher. Die übliche Übervorsicht, den Zuschauer ja nicht zu verwirren oder zu überfordern, kam hier ganz schnell unter die Räder. Beethovens Dritte Sinfonie wird zum synästhetischen Farbenspiel, der Formenreichtum dieses Films ist zu vielfältig, um 1:1-Interpretionen abliefern zu können. Vor allem wird die rührende Geschichte immer durch das Erleben des gebrochenen Charakters Steve Lopez gebrochen. Irgendwann läuft im Hintergrund „Mr. Bojangles“ und der noch gar nicht so alte Journalist Lopez kommt einem schnell so vor, wie der Sänger im Lied, der bis ans tragische Ende nur die eine Sache beherrscht, die aber meisterlich. Diese Ebene muss sein, damit man sich nicht naiv in das Sozialdrama reinhängt und glaubt man wäre dabei, könne mitfühlen oder gar helfen. Lopez Frau und Chefin fasst das Bewegende der Kunst von Ayers einmal zusammen: Diese Musik sei "grace", Gnade. Und es ist auch eine Gnade, diesen Film zu sehen. Einen Film über Musik, über die Stadt Los Angeles und die Menschen dieser Stadt.