BRD 2020 (Kiss Me Before It Blows Up) Regie: Shirel Peleg mit Moran Rosenblatt, Luise Wolfram, Rivka Michaeli, Juliane Köhler, Bernhard Schütz, Irit Kaplan, John Carroll Lynch 106 Min. FSK ab 12
Das deutsch-israelische Verhältnis ist vielfältig kompliziert – das Verhältnis eines deutsch-israelischen Pärchens zwangsläufig auch. Daraus eine Familien-Komödie zu machen, ist schon ein Kunststück. Shirel Peleg macht aus „Kiss Me Kosher" sogar eine spitzzüngige Romantische Komödie.
Die Suche nach einem Kosenamen findet eine überraschende Pointe: „Schatzi reimt sich ja auf Nazi!" Vor dieser nicht einzigen überraschenden Erkenntnis nimmt die leidenschaftliche und chaotische Ankunft der deutschen Maria (Luise Wolfram) bei ihrer Freundin Shira (Moran Rosenblatt) in Jerusalem reichlich Schwung auf: Das Zusammenziehen der beiden verstolpert sich in wenigen Minuten zu einem Heiratsantrag, der dann schon am Abend im Kreise von Shiras Familie ungewollt publik wird. Aufgeregtheit, Ressentiments und heimlich importiertes Schweinefleisch sorgen für liebevolles Durcheinander. Allerdings ist noch zu klären, was die Großeltern von Maria während Nazizeit und Holocaust getan haben. Und außerdem wimmelt es im Viertel, in dem Shira ihre Bar hat, von Ex-Freundinnen.
„Kiss Me Kosher" hat viel Spaß mit dieser historisch vorbelasteten lesbischen Beziehung. Selbst beim orthodoxen Hinterwäldler, der sich über einen Kuss unter Frauen aufregt. Dafür ist Shiras Oma richtig fies drauf. Der großartige Charakter, nach dem Shira sogar ihre Bar „The real jewish princess" genannt hat, ist zwar Holocaust-Überlebende, aber vor allen Dingen „meine Oma". Die jedoch meint: „Du wechselst Freundinnen so oft, wie ich meine Zahnprothese verlege!" Und das ist noch einer der netteren Sprüche. Dann gibt es in der äußerst komplexen und teilweise auch gespannten Gemengelage zum Kennenlernen der Schwiegereltern direkt mal eine Tour zu den Holocaust-Gedenkstätten. Und grüne Linien zu besetzten Palästinenser-Gebieten, die deutsche Linke auf keinen Fall überschreiten wollen. Mit einer aus deutscher Sicht überraschenden Unbekümmertheit sorgen hier historische und romantische Differenzen gleichgewichtig für Aufregung. Die Figuren sind wunderbar lebendig und niemals auf den Mund gefallen. Das Happy End geriet dann vielleicht etwas zu einfach, aber dafür sehr schön.