Schweiz 2019 Regie: Thomas Horat 95 Min. FSK ab 6
Der Wolf ist weit gekommen: Auch hinter ihm laufen schon Leute mit Plastikbeuteln herum und sammeln seinen Kot auf! Selbst wenn die Dokumentation „Die Rückkehr der Wölfe" beim verbissenen Streit um die Neuansiedlung des Raubtiers wenigstens zum Schein zwei Seiten mit schönen Bildern wiedergibt, die Fans des Wolfes wirken oft unfreiwillig komisch.
150 Jahre nachdem der Wolf in Mitteleuropa ausgerottet wurde, sorgt seine Rückkehr für gerissene Schafe und zerstrittene Menschen. Regisseur Thomas Horat reist aufwändig zur Spurensuche nach Österreich, nach Deutschland in die Lausitz, nach Polen, Bulgarien und nach Minnesota (USA). Zuerst erzählen Schäfer von den Problemen der Anpassung. Sie können die Schafe nicht mehr frei auf der Alm laufen lassen, müssen Hirten einstellen, Zäune aufstellen, Hütehunde besorgen und die dann auch im Winter im Tal irgendwie unterbringen. Eine euphorische Esoterikerin liegt sich wie tot auf die Wiese und lässt sich von einem Wolfs-Rudel beschnüffeln. Der Dialog zwischen Gegnern und Befürwortern lässt Letzteren bei allen Sympathien des Films nur ein klares Argument: Weil Wölfe vermehrt das Rehwild töten, knabbern die nicht mehr so viele Bäume an, was die erodierenden Gebirge sicherer für die Menschen im Tal macht. Und da würden die Entschädigungen für das Futter der Wölfe doch günstiger kommen.
Der Film wirkt wie ein als Großmutter verkleideter, harmlos im Bett liegender Wolf: Er macht unter dem Mäntelchen der Diskussion hauptsächlich Propaganda für eine Rückkehr der Wölfe in den Lebensraum der Menschen. Ein paar interessante Gedanken zur gemeinsamen Evolution von Wolf und Mensch werden angerissen, die Gründe für die Angst vor dem Wolf ins Mythische verlagert („gelbe Augen"!). Die Fans des bissigen Vierbeiners dürfen derweil unwidersprochen von guten alten Zeiten erzählen, in denen Menschen und Wölfe nebeneinander und ohne Mangel von der Wildjagd leben konnten. Und mit den Wölfen heulen.