USA 2011 (Restless) Regie: Gus Van Sant mit Henry Hopper, Mia Wasikowska, Ryo Kase, Schuyler Fisk 91 Min.
Der junge Enoch (Henry Hopper) kann den Unfall-Tod seiner Eltern nicht verarbeiten und macht sich einen bitteren Spaß daraus, auf fremden Begräbnissen auftauchen. Auch legt er sich gerne in die Kreideumrisse von Unfall- oder Verbrechens-Opfer, Friedhöfe gehören selbstverständlich ebenfalls zu seinen Lieblingsorten. Bei einem Rauswurf während einer Bestattung hilft ihm die gleichaltrige Annabel (Mia Wasikowska), ein lebensbejahendes, keckes Mädchen mit Retro-Klamotten, kurzen Haaren, einem Tumor im Kopf und nur noch drei Monaten zu leben.
Beide, auf unterschiedliche Weise vom Tod Gezeichnete, verlieben sich ausgerechnet ineinander. Verspielt überspielt der nur Schwarz tragende Enoch seinen Schmerz beim Schiffe-Versenken mit Hiroshi (Ryo Kase), dem Geist eines Kamikaze-Piloten! Dass diese einseitige Freundschaft durch Eifersucht bedroht ist, gehört zur eingängigen Komik. Die ungewöhnliche Hilfe beim Trauern ist eine anrührende Idee. Zusammen mit Annabel widmet Enoch sich derweil schwelgerisch der Natur, entdeckt die Welt der Käfer und Vögel. Doch das Spiel entgleitet, als sie Annabels Ende inszenieren wollen - so leicht ist der Abschied nun doch nicht.
Man kennt Gus van Sant von Hollywood-Erfolgen mit einem gewissen Extra: „Good Will Hunting" (1997) oder das Remake „Psycho" (1998). In der Indi-Szene wurde er vorher berühmt mit „Drugstore Cowboy" (1989) und „My Private Idaho" (1990), letzterer auch durch die Rollen von River Phoenix und Keanu Reeves. Im lebendigen Wechsel folgten einander eigenwillige Kunstfilme und eingängige Geschichten, die immer noch seine Handschrift behielten. Zuletzt erzählte er mit Sean Penn die Biographie des schwulen Stadtrates „Milk" nach. „Restless" ist nun bestes Unterhaltungskino mit einer guten Portion schwarzem Humor, den mittlerweile allerdings jede Teenie-Blödel-Klamotte schon im Vorspann übertrifft. Der neue Film von van Sant erinnert stark an „Harold & Maud" aus 1971, nur mit der Jugend und der Musik von heute.
Die fast zarte Annäherung zweier junger Menschen an den Tod verläuft in „Restless" verspielt, leicht, manchmal magisch und durch tolle Independent-Songs unterlegt. So meistert van Sant das ernste, schwierige Thema. Als weiteres Beispiel der TRK (Terminal Romantischen Komödie), nur eine Woche nach dem tragischen Kino-Unglück von „Kein Mittel gegen die Liebe", kann man die schöne Geschichte der zwei Außenseiter auch deshalb nicht bezeichnen. Gus van Sant, der seinen jugendlichen Anti-Helden vor allem im Cannes-Sieger „Elephant" (2003) und in „Paranoid Park" (2007) eine Würde aus Leichtigkeit und fließenden Bewegungen „anfilmte", gewinnt hier mit eher klassischer Situationskomik, verträumten Dialogen und guten Songs. (Die Musik von Danny Elfman ist diesmal nicht so schauerlich wie bei Tim Burton.) Die letzten Worte Enochs sind nur Bilder der Erinnerung - meisterlich, wie van Sant genau damit berührt.