26.4.11

Mutter und Töchter

USA, Spanien 2009 (Mother And Child) Regie: Rodrigo García mit Naomi Watts, Annette Bening, Kerry Washington, Jimmy Smits, Samuel L. Jackson 126 Min. FSK          ab 12

Ist dies der Filmtitel oder die unverhohlene Benennung des Zielpublikums? Der Originaltitel von „Mutter und Töchter" hieße übersetzt noch „Mutter und Kind", aber der deutsche Verleiher zieht eindeutig die Karte „Frauenfilm". Und tut dem Drama um drei Frauen mit ihren Familien damit teilweise unrecht.

Wie die drei Geschichten miteinander verbunden sind, soll eine Weile lang Rätsel bleiben. In denn einzelnen Strängen ist da die extrem selbstbewusste, ja, schon eingebildete Anwältin Elizabeth (Naomi Watts). Ohne viel Umschweife startet sie ein Verhältnis mit dem älteren, dunkelhäutigen Chef Paul (Samuel L. Jackson), zu dessen Erstaunen. Den unsicheren, gerade verheirateten Nachbarn nimmt sie zwischendurch auch mit ins Bett. Als sie schwanger wird und das Verhältnis sowieso viel zu eng gerät, flieht sie in eine andere Gegend - ohne eine Spur zu hinterlassen. Wieder einmal. Karen (Annette Bening) pflegt. Beruflich als Physiotherapeutin und privat die eigenen Mutter. Zwischendurch schreibt die erschöpfte, aus lauter Einsamkeit seltsam und hart gewordene Frau Briefe an eine Tochter, die nicht mehr ihre ist, nie ihre war. Ein afro-amerikanisches Paar möchte ein Kind adoptieren, weil es selbst nicht schwanger wird. Die dabei federführende Lucy (Kerry Washington) trifft auf eine sehr fordernde, junge Schwangere, die Wohnung und Familie der möglichen Adoptiveltern sehen will und viele Bedingungen stellt. Der Kinderwunsch wird auf die Probe gestellt, die Probe entwickelt sich zu einer Reflexion des Lebens und seiner Werte.

Nach einer gründlichen Exposition kommt Bewegung in die Geschichten. Karen lernt einen geduldigen Mann kennen und macht sich auf die Suche nach ihrer Tochter. Ein Schlüssel zum Drama bildet die erste Szene von zwei Teenagern, die leidenschaftlich fummeln, und dem Mädchen, das danach bei der Entbindung gezeigt wird. Die Jugendliche darf das Kind nicht behalten, dafür Traumata und persönliche Deformationen, die aus dieser Trennung zur Adoption erwachsen.

„Mutter und Töchter" ist tatsächlich ein Frauenfilm, weil nur die Frauen reden - die Männer, aktuelle und mögliche Partner, stehen mit offenem Mund daneben. Aber das Triptychon um die Probleme der Fortpflanzung ist keine auf reinen Effekt angelegte Schmonzette. Regisseur Rodrigo García, dessen Spezialität solche Geschichten um mehrere Frauen zu sein scheint, baut einige Nebenthemen mit ein, reflektiert die Funktion von Familie, hinterfragt auch mal den Glauben. Vor allem führt er seine gute Darstellerriege energisch zu einer runden Ensemble-Leistung. So gibt es ein gerüttelt Maß an Rührung und Tragik, vor allem bei Karen, deren Mutter selbst schon nicht unbedingt ein fröhlicher Mensch ist. Sie sieht das Leben als eine Enttäuschung nach der anderen. Aus der Fähigkeit, sich zu ändern, erwächst andererseits die Hoffnung des Films.