19.4.11

Four Lions

Großbritannien 2010 (Four Lions) Regie: Chris Morris mit Kayvan Novak, Nigel Lindsay, Riz Ahmed, Adeel Akhtar, Preeya Kalidas 101 Min. FSK ab 16

Pünktlich zu Ostern kommt wieder ein Skandalfilm. Diesmal werden sich allerdings vor allem die Dschihadisten und Selbstmordattentäter aufregen. Vielleicht mit einem Leserbrief bei der Bild? Irgendwo zwischen Monty Python und Heiligem Krieg ist die absurde, aberwitzige und sehr clever gemachte Geschichte von vier Idioten angesiedelt, die sich für den Krieg der Kulturen in die Luft jagen wollen und damit auch teilweise erfolgreich sind. „Four Lions" ist die seltsamste Komödie seit langem und lässt sich kritisch ebenso wenig festnageln wie ein koscherer Wackelpudding.

Terrorbomber sein, ist ganz schön schwer, das fängt beim Problem an, ein anständiges Dschihad-Video zu drehen. Die vier Löwen des Religions-Krieges posieren mit Spielzeug-MG und verhüllen das ideologische Brett vor der Stirn mit einem Karton auf dem Kopf. Bomben-Bauer Barry rät, die SIM-Cards zu essen, damit die Geheimdienste die Spur verlieren. Ohne sie vorher zu kochen! Es ist sehr absurd, wie dämlich sich diese vier Männer aus Sheffield mit pakistanischen Wurzeln bei ihren terroristischen Versuchen anstellen. Und erschreckend, dass es Fessal, dem einfältigsten von ihnen, trotzdem gelingt, eine enorme Menge Chemikalien zum Bombenbau einzukaufen. Der Senior Barry möchte damit eine Moschee in die Luft jagen, um moderate Moslems zu radikalisieren! Eine andere tolle Idee des Kurz-Denkers war, einen selbstgebackenen Twin Tower-Kuchen bei einer Synagoge abzuliefern!


Der junge Omar folgt mit seinem Neffen Waj einer Einladung zum Terror-Camp nach Pakistan, um „richtiger Mudschaheddin" zu werden. Im Wüsten-Versteck halten sie die Panzerfaust beim Abschießen einer Drohne falsch rum und jagen die arabischen Verbündeten in die Luft. Ein erster Richtungsstreit zwischen Einheimischen und Terror-Touristen ging schon darum, wo jetzt genau Mekka liegt. Nach dieser Pleite zurück in Sheffield, wollen sich die vier Selbstmord-Attentäter während eines Marathonlaufs in die Luft jagen. Letztendlich macht man es ihnen sehr leicht. Omars Kollege vom Sicherheitsdienst ist - unglaublich aber wahr - noch blöder als der Rest. Und ein hilfreicher Polizist kommentiert ihre fülligen, mit Sprengstoff angedickten Kostüme für den Fun-Run nur mit den Worten „Ihr werdet darin sterben"!


All die Idiotien des oft scheindokumentarisch aus der Hand gedrehten „Four Lions" sind so verdreht, dass sie nicht als Provokation taugen. „Four Lions" sei zynisch, so wird sicher ein Totschlagargument (sic!) lauten. Aber was ist zynisch? Selbstmord-Attentäter als Idioten zu zeigen? Sollte man sie als hochintelligente Glaubenskämpfer vorstellen? Als tragische Helden? Ko-Autor und Regisseur Chris Morris erzählte im Interview, dass man auf Überwachungsvideos der Polizei überraschend viele ebenso bescheuerte Handlungen der Attentäter entdeckte.

Zeitweise wirken die „Löwen" so, als wenn die Monty Pythons Verschwörer spielen würden. Mit einem sehr „crazy walk" watscheln die komischen Kämpfer mit Bombenmaterial bepackt durch die Straßen. Man lacht sich fast tot - oder unzynisch: schlapp. Bis sich Fessal dabei selbst in die Luft sprengt. Seine Überreste sind in einer Mülltüte nicht von dem Schaf zu trennen, dass auch den Märtyrertod erlebte.


Die koranischen Kämpfer fühlen sich wie im Computer-Spiel „Mortal Combat". Für Waj ist der Selbstmord wie eine Abkürzung an der Warteschlange eines Freizeitparks. An diesem Simpel toben sich die äußerst verbogenen Argumentationsketten, ein Hauptmerkmal der Figuren, besonders gerne aus. „Hör nicht auf deinen Kopf, hör auf dein Herz! Und wenn dein Herz zweifelt, dann macht dir dein Kopf vor, dein Herz zu sein." In diesem Sinne bleiben psychologische Erklärungen oder Kindheitstraumata für Haltungen und Handlungen in den entsprechenden Schubladen liegen. „Four Lions" ist quasi das Gegenteil von Werken wie „Paradise Now", die sich in die Seele des Wahnsinns einfühlen und die Attentäter verstehen wollen. Als Referenzpunkt könnte man den Puppen-Film „Team America: World Police" anführen. Im Vergleich mit anderen Komödien, die auch am heutigen Starttag auf das Publikum losgelassen werden, steckt eine Menge Intelligenz und filmisches Können in diesem „Blödsinn". „Four Lions" ist keine soziologischen Studie und hilft auch nicht der Verständigung, macht aber sehr unverschämten Spaß.