9.11.10
Plug & Pray
BRD 2010 Regie: Jens Schanze 91 Min. FSK o.A.
„Man steckt es rein und es funktioniert - oder manchmal auch nicht“, kommentiert ein alter Mann mit sarkastisch die typischen Windows-Fehlergeräusche. Der aufgeweckte Herr ist allerdings nicht irgendjemand, der einen Computer-Kurs bei der Volkshochschule belegt hat. Joseph Weizenbaum war weltweit angesehener Professor für Computer-Sprachen am Bostoner MIT und hat in den Sechziger Jahren mit ELIZA, einem digitalen Dialog-Experiment, die Diskussion über Künstliche Intelligenz vorangetrieben. Doch dann wendete sich Weizenbaum selbst von diesem Thema ab und äußerte sich fortan - nicht Fortran, liebe Nerds - öffentlich kritisch zur künstlichen Intelligenz wie zum allgegenwärtigen Kabelsalat, der sich „drahtlos“ schimpft.
Weizenbaum ist einer aus der handvoll Interviewten, die Jens Schanze in seinem Film auffährt, um eine obskure altmodische Technikfeindlichkeit aufzubauen. Wohlgemerkt geht es bei der Bedrohung, die sich in dräuender Musik zu blinkenden Serverwänden aufbaut, nicht um Googles Street View, der aktuellen Themen-Kuh, die voller Unkenntnis durchs digitale Dorf getrieben wird. Der Japaner mit seinem Roboter, der ihm ähnelt wie ein Zwilling, der erfinderische Unternehmer Ray Kurzweil und der Italiener mit seinen Robocop-Imitaten, sie alle wollen den Menschen mit Maschinen verbessern. Ganz böse Militärs wollen dann diese Maschinen benutzen, uih, wie gefährlich...
Die vermeintlichen Gefahren dieser ebenso langweilig wie dröge gestalteten Dokumentation sind genau so altmodisch wie die Ansichten der befragten Personen. Behäbig, uninteressant, inhaltlich dünn - das wären noch die positivsten Beschreibungen. Da bringt es wesentlich mehr Spaß und Erkenntnis, „Neuromancer“ oder „Idoru“ von William Gibson zu lesen. Romane, die auch schon vor Jahrzehnten erschienen sind! Falls es mal einen großen Gedanken in diesem Film gab, haben ihn wohl die vielen TV-Sender ausgetrieben, mit denen sich der Abspann schmückt.