16.5.10

Die Beschissenheit der Dinge

 

Belgien 2009 (De helaasheid der dingen) Regie: Felix Van Groeningen mit Kenneth Vanbaden, Valentijn Dhaenens, Koen De Graeve, Wouter Hendrickx 108 Min. FSK: ab 12

 

Eine Familie aus Proleten, Asozialen, Alkoholikern und Vollidioten - um es nett zu sagen. Die Strobbes sind eine unfassbare Vohikula-Sippe, gegen die Al Bundy oder das RTL-Prekariat aus „Super-Nanny" wie eine ferne Bildungselite wirken. Gunther Strobbe (Kenneth Vanbaden) wuchs mit seinem Vater Celle (Koen De Graeve) und dessen einvernehmlich arbeitslosen Brüdern bei der Oma auf, bevor er sich in ein Internat rettete und Schriftsteller wurde. Durch den bitteren aber auch milden Blick von Gunther verfällt „Die Beschissenheit der Dinge" nicht der besserwisserischen Vorführung dieser Unterschicht-Menschen zum Zwecke der Klamotte. In seinen besten Momenten ist der schmerzvolle Rückblick Strobbes pure Poesie.

 

In seinen prallsten Momenten verwandeln sich die Bewohner dieses kleinen flämischen Kaffs zu Nachfahren Breughels und belgischer Comic-Exzesse. Eine Tour de France des Wettsaufens mit Bier für die Flachetappen und harten Sachen für den Anstieg bildet nur einen Höhepunkt der dauernden Strobbe-Alkoholisierung. Ein nacktes Radrennen gibt nicht nur das Plakatmotiv sondern brachte den Film auch im letzten Jahr dank einer Wiederholung der Aktion in Cannes nachhaltig ins Gespräch. Zuneigung bahnt sich in dieser Familie nur sehr schwer den Weg an die Oberfläche. Die Zeugung von Gunther durch den kaum noch zurechnungsfähigen Vater Celle war ein ebenso liebloser Akt der Triebe wie Gunthers späterer Ausrutscher, der ihn wider Willen auch zum Vater macht.

 

So erschreckend sich dies anhören mag, zuallererst kommt „Die Beschissenheit der Dinge" (nach einem Roman von Dimitri Verhulst) als belgische Komödie im Retro-Look daher. Regisseur Felix Van Groeningen stürzt sich mit großer Lust in das Proll-Leben, zwischen Lach- und Kopfschütteln besteht beim Publikum durchaus die Gefahr einer (politisch korrekten) Verrenkung. Aber in kleinen Szenen wie auch im großen Ganzen bleiben all diese unmöglichen Strobbes doch Menschen, sie werden nicht für den Klamauk geopfert.