24.5.10

Cannes 2010 Kommentar


Das war ein großes Kunststück der Cannes-Jury um Regisseur Tim Burton: Aus einem sehr schwachen Wettbewerb das Preiswürdige derart aufmerksam herauszupicken, dass am Ende allgemeine Zufriedenheit und Zustimmung blieb. So was zeichnet wohl einen großen Regisseur aus und da legte Burton bessere Arbeit hin als Festivalchef Thierry Fremaux.
Doch jenseits solch flüchtiger Tageskritik setzte der Siegerfilm "Onkel Boonmee" vom Thailänder Apichatpong Weerasethakul (man darf ihn auch einfach „Joe“ nennen) ein nachhaltiges Zeichen: Gegen den Trend, Kriege oder Krisen mehr schlecht als recht abzuhandeln oder sich von Schwarzmalern und katastrophen-süchtigen Medien von einer Angst in die nächste Panik hetzen zu lassen, setzte Weerasethakul auf andere Werte. Das Leben (und Sterben) in einer Welt mit beseelten Wesen und Gegenständen als Zyklen der Wiedergeburt zu sehen, ist ein großes Geschenk des eigenwilligen Filmemachers an seine Zuschauer.
Abschiede gab es zuhauf in Cannes, auch Javier Bardem spielte sich mit den letzten Tagen eines Todkranken in „Biutiful“ eine Goldene Palme ein. Doch nur bei "Onkel Boonmee" erlebte man das Hinübergehen so leicht, dass der Film von einigen sogar als Komödie bezeichnet wurde. Derart beseeltes und nebenbei auch wunderbar entschleunigtes Kino kann tatsächlich noch bereichern - falls es denn bei uns ankommt. Den letzten Cannes-Beitrag von Weerasethakul „Tropical Malady“ verschliefen 2005 nicht nur viele Kritiker, in Deutschland sahen ihn nach dem Start auch nur 4.000 Menschen. Jetzt kann man hoffen, dass "Onkel Boonmee" mehr Zuschauer beglücken wird. Einen Verleih oder einen Starttermin gibt es allerdings noch nicht.