20.10.09

Von Terroristin zu Päpstin - Johanna Wokalek am Set der „Päpstin“


Der Dreh zu „Die Päpstin“ (Kinostart am kommenden Donnerstag) war ein Riesending, die teuerste deutsche Produktion des Jahres 2008, Schlöndorff sprang als Regisseur ab, US-Star John Goodman wurde per Gerichtsklage wieder zum Drehen bewegt und trotzdem zeigte sich die Atmosphäre am Set ausgesprochen entspannt. Im Herbst 2008 war die Bestsellerverfilmung „Die Päpstin“ so gut wie Kasten, das Team hatte sogar ein paar Tage Vorsprung auf den Drehplan. Dank Regisseur Sönke Wortmann, der für seine Professionalität enorm geschätzt wird und der für Eichingers „Constantin Film“ schon in den Neunzigern "Das Superweib" und "Der Campus" drehte. Nach dem Flop „Der Himmel von Hollywood“ (nach Leon de Winter) dreht Wortmann nun erneut international mit vielen Stars: Johanna Wokalek spielt die Titelrolle der Johanna, die Papst wird. John Goodman den Vorgänger Papst Sergius und David Wenham den heimlichen Geliebten Johannas, Ritter Gerold. Anatole Taubmann sieht man als Widersacher Anastasius.

„Die Päpstin“ erzählt nach dem gleichnamigen Roman der Autorin Donna Woolfolk, wie sich im 9. Jahrhundert ein hochbegabtes Mädchen als Mann ausgibt. Der Weg der Johanna von Ingelheim beginnt in Deutschland und führt bis nach Rom, wo sie zum Leibarzt und Berater des Papstes aufsteigt und schließlich selbst auf den Heiligen Stuhl gewählt wird. Regisseur Sönke Wortmann adaptierte den Roman gemeinsam mit Drehbuchautor Heinrich Hadding.

Die Geschichte spielt in der karolingischen Zeit: Als Karl der Große 814 stirbt, wird Johanna in Ingelheim (wo man auch Karls Geburt unsicher verortet) geboren. Der Nachwuchs des freilebigen Karl hetze im europäischen Nachfolgestreit die Soldaten aufeinander, das Papsttum wird dazu umkämpft und umworben. Da sich die katholische Kirche mit dem Thema eines weiblichen Papstes noch immer nicht anfreunden kann, gab es leicht verständlich keine Genehmigungen für karolingische Sakralbauten wie den Aachener Dom. Die Dreharbeiten der deutsch-italienisch-spanischen Koproduktion fanden in Sachsen-Anhalt, Marokko und für die dörflichen Szenen aus Johannas Jugend in der Eifel statt. Produktionsdesigner Bernd Lepel, der schon bei „Der Name der Rose“ dabei war, erzählt, man wollte ein Rom im Niedergang zeigen, kein glänzendes, wie man es in italienischen Filmstudios vorfindet. Deshalb fand man ein schäbiges Rom, in dem die Päpstin mit Wasserleitungen für bessere Hygiene sorgen wird, in Ouarzazate, im marokkanischen Hollywood. Der Ort war vielen im Team wohlbekannt, die Constantin drehte im Jahr zuvor hier die Palästinenser-Lager für den „Baader-Meinhof-Komplex“.

So war Ouarzazate auch Johanna Wokalek vertraut. Wobei man sich, wenn man die vielfach ausgezeichnete Bühnen- und Leinwand-Darstellerin in einer Pause zwischen den Aufnahmen trifft, nicht sicher sein kann, ob sie wirklich bewusst da war. Den Hype um „Baader-Meinhof-Komplex“ im fernen Deutschland hatte sie nicht mitbekommen, Fragen zur aktuellen Rolle beantwortet sie nicht wie andere PR-Profis mit plakatfähigen Phrasen, findet dafür manchmal auch keine Antwort. Zur eigenen Religion will sie beispielsweise nichts sagen. Wobei man sich nicht weismachen lassen sollte, dass die Legende einer Frau als Papst wirklich ein Aufreger wäre: Liv Ullmann spielte diese Rolle bereits in den Siebzigern. Aber wenn man die Johanna Wokalek in dieser Rolle der Päpstin Johanna erlebt hat, kann man zumindest den Roman nicht mehr lesen, ohne ihr Gesicht und ihren Blick zu sehen.

Die Abwesenheit von John Goodman hat andere Gründe. Ein paar Stunden nachdem er als Papst gestorben ist, keucht und stöhnt der schwergewichtige US-Star auch beim Interview. Der Clown in ihm erzählt, er hätte noch nie so eine gute Rolle gehabt: Er würde den ganzen Tag im Bett rumliegen, essen und Wein trinken. Der Mensch, dem man die alten Abhängigkeiten vom Alkohol deutlich ansieht, erzählt später von der Suche nach einer eigenen Spiritualität, von seiner Sinnsuche, um aus der Falle des Wohlstands und Überfluss raus zu kommen.

Ganz entsprechend der Rollenbesetzung findet man „Ritter“ David Wenham am drehfreien Tag beim Pool. Den langhaarigen Australier braucht man nicht zu fragen, ob er als edler Ritter und liebender Retter Johannas mit den Reitszene zurechtkam - als Faramir war er schon beim „Herrn der Ringe“ dabei und auch in Buz Luhrmans „Australia“ zeigte er sich sattelfest. Der Vielleicht-mal-Star Anatole Taubmann fliegt derweil zwischendurch mal zur Premiere „seines“ Bondfilms „Ein Quantum Trost“, in dem er ein paar mal an der Seite des Bösewichts zu sehen ist.

Ein gutes internationales Star-Paket also, das Bestseller-Fans überzeugen soll. Das Religiöse ist Nebensache. Sönke Wortmann sieht die Geschichte als ein ganz modernes Dilemma einer Frau zwischen Familie und Beruf. Nur der Kameramann Tom Fährmann („Das Wunder von Bern“, „Das Superweib“, „Der Sandmann“), der die Bilder des Films mit Wortmann entwickelte, hat einen besonderen Zugang: Als Katholik erzogen und trotz einer späteren Entfernung von der Kirche, empfiehlt er der Marketing-Abteilung der Katholiken, mit diesem Film Werbung zu machen.