5.10.09
Lippels Traum
BRD 2008 (Lippels Traum) Regie: Lars Büchel mit Karl Alexander Seidel, Anke Engelke, Moritz Bleibtreu, Christiane Paul, Uwe Ochsenknecht 101 Min. FSK ab 6
„Paul Maar wurde nach dem frühen Tod seiner Mutter bis zur erneuten Heirat seines Vaters von ständig wechselnden Hausmädchen betreut.“ So nüchtern beschreibt Wikipedia einen psychologischen Quell von Paul Maars („Das Sams“) Geschichte „Lippels Traum“ und die schöne Gelegenheit für Charakter-Schauspielerinnen, sich als böse Haushälterin auszuleben. In der Verfilmung von 1990 gab die unvergleichliche Irm Herrmann die Putzhexe. Nun darf Anke Engelke Kinder quälen und wieder liefert die nette Kindergeschichte damit auch einen guten Spaß für Erwachsene.
Weil sein alleinerziehender Vater auf Reisen ist, wird der Lippel genannte Phillip (Karl Alexander Seidel) zuhause von der Haushälterin Frau Jakob versorgt. Die erweist sich mit Putzfimmel, Reinlichkeitswahn und hartem Herzen als gänzlich ungeeignet. Zudem wird Lippel vom Konrektor Färber (Uwe Ochsenknecht) und dessen dicken, dummen Sohn Hermann schikaniert. Der störrische und kluge Lippel flüchtet sich in die Literatur, liest bei jeder Gelegenheit „Geschichten aus 1001 Nacht“ und schnell vermischen sich Märchen und Realität. Dabei spielen die neuen Mitschüler Hamide (Amrita Cheema) und Arslan (Steve-Marvin Dwumah) eine wichtige Rolle...
In einem schön abenteuerlichen Morgenland verbannt der König (Moritz Bleibtreu) Sohn und Tochter, weil die intrigante Schwägerin (Engelke) ihm einflüstert, der Thronfolger hätte ein wertvolles Buch geklaut. Lippel steht plötzlich mit Regenjacke, Schal und Seemannspullover inmitten der Wüste seines eigenen Traums. Verfolgt von gefährlichen Wächtern und begleitet vom Hund Muck versuchen die Kinder, wieder ins Schloss zu gelangen und den mittlerweile inhaftierten König zu befreien.
Die Abenteuersequenzen verlaufen etwas schematisch und werden mit Action überfütterte Kinder nicht vom Hocker reißen. Dafür überzeugt ein sympathischer Hauptdarsteller zusammen mit der netten Geschichte, der reizvollen Wüstenwelt und der hochkarätige Besetzung (auch Christiane Paul, Edgar Selge und Eva Mattes sind dabei). Etwas seltsam wirkt, dass ganz in Geiste Karl Mays der Gast aus dem Abendland immer besser Bescheid weiß als die Königskinder. In der Realität bekommen die beiden „Kinder aus dem Morgenland“ besser weg, wenn sie Lippels Freunde werden und ihm helfen, die Haushaltshilfe loszuwerden. Bei der ersten Begegnung fragt Lippel die dunkelhäutigen Mitschüler noch: „Wo kommt ihr her?“. Worauf Hamide trocken in bestem Deutsch antwortet: „Aus Sindelfingen. Ist bei Böblingen.“ Bis auf diesen klassischen Immi-Scherz würde sich der Integrationsbeauftragte nicht oft begeistern. Aber den nicht besonders verwöhnten Kino-Kindern wird wenigstens anständige einfache Unterhaltung auf der Basis einer beliebten Paul Maar-Geschichte geboten. Wobei vor allem Komponist Konstantin Wecker mit seinen rührigen Geigen-Bewegungen die Gefühlsklaviatur zu sehr bemüht.