20.10.09

Die Päpstin


BRD, Großbritannien, Italien, Spanien 2009 (Pope Joan) Regie: Sönke Wortmann mit Johanna Wokalek, David Wenham, John Goodman, Iain Glen, Lotte Flack 148 Min. FSK ab 12

Ein typisches Beziehungsdrama von heute: Sie und er haben sich gern, er hat einen festen Job, ist öfters von zuhause weg. Sie ist klug, lernt viel und macht mächtig Karriere bis Kinder nur noch in ihrem sehnsüchtigen Seitenblick auftauchen. Immer wenn er sie entführen will, gibt es den nächsten Karriereschritt. Bis sie am Ende Päpstin ist.

So ganz typisch vielleicht doch nicht für das Europa des neunten Jahrhunderts, diese Geschichte der Johanna aus Ingelheim am Rhein, damals eine matschige Lichtung mit ein paar Holzhütten. Eine Geschichte der Emanzipation und eine der frühen Aufklärung. Gleichzeitig ist Sönke Wortmanns neuester Film wieder ein Beispiel für populäre und schwache Literaturverfilmungen aus dem (Geister-) Haus Constantin. „Fräulein Smilla“ riecht dort ebenso abgestanden wie „Das Parfüm“...

Nun erwischte es also die seltsamerweise vor allem in Deutschland erfolgreiche Buchvorlage der Donna W. Cross. Nomen est omen - dafür dass die amerikanische Autorin die Geschichte eines weiblichen Papstes wieder derart ins Gespräch brachte, sehnen sich bestimmt einige Kirchenleute die Kreuzigung als Strafe wieder herbei. Damit sind allerdings die aktuellen Bezüge abgehakt, wie man sich sowieso dauernd fragt, was dieser Film soll - außer Kasse machen.

Johanna wächst als Tochter eines Dorfpriesters auf, derbeim Schlagen, Schlachten und Bekehren von Sachsen immer in Stimmung kommt seine Frau - eine bekehrte Heidin vom Stamme der Sachsen - zu vergewaltigen. Obwohl der Vater selbst den dummen Sohn Johannes lieber zur Klosterschule schicken würde, als die hochintelligente Tochter, sorgt das Schicksal mit Fiebertod und Raubüberfall für das Undenkbare in dieser Zeit: Johanna kann sich an der Domschule in Dorstadt weiter bilden, der Ritter Gerold (David Wenham) wird ihr Beschützer und später auch Liebhaber. Nach einem brutalen Überfall der Normanen entschließt sich die erwachsene Johanna (Johanna Wokalek) als Mann in das Kloster von Fulda einzutreten. Von nun an lernt sie - ja, auch weiter - aber vor allem das unabhängige Leben als Mann schätzen. So landet sie schließlich in Rom, wird Leibarzt und Vertrauter des Papstes (John Goodman) und durch ungeschickte Intrigen anderer zum Papst. Nun sind Spitze der Karriereleiter und endlich auch das Finale des viel zu langen Films erreicht. Eine letzte Finte des Schicksals, nachher noch einen Trinken gehen und drüber reden, ob es wirklich mal eine Päpstin gegeben haben könne.

Für auch diese Verschwörungstheorie gibt es einige Anhänger, aber soll man dafür zweieinhalb lange Stunden seines Lebens im Kino rumsitzen? Sönke Wortmann filmt den Roman routiniert ab, kann aber nur ganz selten mitreißen. Die „Inthronisierung“ von Johanna ist großes Kino, beim Rest ist man versucht, anzuführen, dass der Film immer auch als TV-Zweiteiler geplant war. Volker Schlöndorff, der den Stoff zuerst verfilmen sollte, wetterte heftig gegen solche „Hybrid-Filme“.

Johanna Wokalek darf mit internationalen Stars wie John Goodman spielen, wirkt aber stärker, wenn sie deutsch und nicht englisch spricht. Die Ausstattung ist bei der großen Geschichte, die sich von grauen, bescheidensten Verhältnissen zum damaligen Mittelpunkt der Welt, nach Rom, entwickelt, selbst dort nicht beeindruckend. „Die Päpstin“ ist nie großes Kino, sondern erfolgreiches Umsetzen eines erfolgreichen Trivialstoffes. Im Buch wird alles sofort erzählt (was der Film zu wenig in eigene Sprache umsetzt) und hier wird alles sofort gezeigt: Die Verschlagenen haben schiefe Augen und abstehende Ohren, die Gutmütigen ein warmes, rundes Gesicht. Nur bei Johanna gibt es Entwicklung und innere Konflikte, der Rest ist flach wie … eine Literaturverfilmung aus dem Hause Constantin. Auch das ein Markenzeichen.