12.10.09

Hangtime


BRD 2009 (Hangtime) Regie: Wolfgang Groos mit Max Kidd, Misel Maticevic, Ralph Kretschmar 94 Min. FSK ab 12

Vinz (Max Kidd) - tragische Figur! So titelt die Zeitung mit Bild und großen Lettern. Die Wahrheit wäre: Vinz ist Topscorer der 2. Basketball-Liga und hat auch sein Abi richtig gut gemeistert. Doch sowohl sein Freund als auch der ältere Bruder Georg (Misel Maticevic) meinen: „Du muss raus hier! Sonst bist du ein Opfer.“ Denn Vinz lebt nach eigener Aussage in „Manhattan im Ruhrgebiet“. Die Hochhäuser in Hagen haben die billigste Miete, dementsprechend sehen die Nachbarn aus.

Die miese Gegend bietet authentischen Hintergrund für den gelungenen Film von Wolfgang Groos („Freunde für Immer“, „Rennschwein Rudi Rüssel“), ebenso wie die Spielszenen auf Hinterhöfen oder in der Basketballhalle. Letztere erhielten durch die Spieler des Bundesligisten Phoenix Hagen professionellen Schliff.

Vinz ist vor allem eine sympathische Figur und sehr erwachsen. Sein angespannter Bruder macht ihm mächtig Druck. Kein Wunder, gab der doch die eigene Karriere auf, als vor zehn Jahren die Eltern starben und begann, in einer Druckerei anstatt auf dem Court zu arbeiten. Die jungen Profi-Hoffnung Vinz bedient allerdings nicht das übliche Jugendlichen-Klischee. Er weiß was er will, hängt das nur nicht an die große Glocke. Der Blonde mit dem ernsten Gesicht und dem netten Lächeln ist auf eigene Art cool. Er braucht nicht wie andere Basketballer affig auf amerikanisch zu machen. Im Internet-Shop lernt er die neugierige Kati (Debütantin Mirjam Weichselbraun, eine junge Meg Ryan) kennen, eine Kluge, Schöne, die jedoch vergeben ist. Zur guten, zentralen Geschichte gibt es mit den Freunden von Vinz noch zwei witzige Sidekicks. Besonders der Möchtegern Rapper Ali (Max Fröhlich), der sich als OG Frodo und mit anderem Blödsinn zum Clown macht, sorgt für Auflockerung.

Der flotte, witzige und vor allem glaubhaft authentische Film punktet mit gutem Casting (Sabine Schwedhelm von Filmcast), klasse Dialogen und krassen Sprüchen (Drehbuch: Christian Zübert und Heinrich Hadding). Vor allem Ali überrascht immer mal wieder mit einem „Geisterblitz“ und ist generell eine unterhaltsame „Gefahr für die Gemeinheit“. „Hangtime“ hat richtig gute Bilder, ein paar flott geschnittene Sequenzen geben dem Spiel und dem Film gute Dynamik. Dabei ist er nur in ein paar Szenen ein Sportfilm. Mehr als um Äußerlichkeiten wie Klamotten oder Werbung geht es um die Geschichte der beiden Brüder. Vor allem wirkt „Hangtime“ echt, nicht aufgesetzt. Der von der Filmstiftung NRW geförderte Film zieht Atmosphäre und Gewinn aus seiner ungewöhnlichen Verortung in Hagen.