2.8.09

Zerrissene Umarmungen


Spanien 2009 (Los Abrazos Rotos) Regie, Drehbuch: Pedro Almodóvar mit Penélope Cruz, Lluis Homar, Blanca Portillo, Jose Luis Gomez 128 Min.

Während Penélope Cruz im letzten Woody Allen mit heftigsten Leidenschaften der Liebe Wahnsinn erleben ließ, leidet sie bei ihrem Entdecker Pedro Almodóvar still: Das Drama einer Liebe zwischen Regisseur und Star endet in „Zerrissene Umarmungen“ tragisch, weil Penélopes Lena sich aus ökonomischen Gründen an einen anderen Mann gebunden hat. Doch dies moderne Melodram ist nur eine Ebene eines reizvoll komplexen Spiels mit Zitaten, Bildern und Images.

Lena (Penélope Cruz) lebt mit dem reichen Industriellen Ernesto Martel, der einst die Operation ihres Vaters finanzierte. Doch als Lena für eine Rolle bei Mateo vorspricht, bricht die Liebe zwischen beiden aus, während sie mit Perücken verschiedene Filmstars imitiert. Eine schwierige Liebe zwischen den Kameras. Denn Mateos Film „Chicas y maletas“ wird nun von Martel finanziert und die Liebenden kontrolliert die Kamera von Martels Sohn, der ein „Making Of“ dreht. Jeden Abend schaut sich der eifersüchtige alte Mann die Aufnahmen an, eine Lippenleserin ersetzt den fehlenden Ton der intimen Dialoge. Eines Abend verabschiedet sich Lena stereo vom Geldgeber: Live und auf dem Film. Doch der lässt seinen weiblichen Besitz nicht so einfach gehen. Dieses Drama bettet Almodóvar in Rückblenden des mittlerweile erblindeten Mateo, der unter seinem neuen Namen Harry Caine erfolgreich Drehbücher schreibt. Als Martel stirbt und dessen Sohn auftaucht, kommen verdrängte alte Geschichten wieder hoch.

Almodóvar zeigt Doppelungen: In Rossellinis „Viaggio in Italia“ - der im Fernsehen läuft - erschaudert Ingrid Bergman angesichts der versteinerten Umarmung eines Paares in Pompeji. Vor dem Fernseher umarmt Mateo Lena heftig und fotografiert daraufhin die eigene Positur für die Ewigkeit. Die allerdings nur ein paar Wochen dauert, dann zerreißt jemand das Foto…

Almodóvar zeigt Film-im-Film, denn die Komödie „Chicas y maletas“ (Mädchen und Koffer) sieht genau so aus, wie Almodovars erster Erfolg „Frauen am Rande des Nervenzusammenbruchs“, ein dramatischer (und dann noch mal nachgedrehter) Treppensturz ist Hitchcock pur und eigentlich ist alles Film. Almodovar meint, dass viele seiner Filme in der Filmszene spielen, weil dieser Teil des Lebens das ganze Leben widerspiegelt.

Das Rätsel um Mateos Leben und Liebe wird angenehm unterhaltsam entschlüsselt, aber die ganz großen Szenen bei all der Film- und Zitierkunst sind überschaubar. Es geht um die große Kunst und um das ganz große Gefühl, das allerdings nicht wie beim Madrilenen gewohnt überspringt. Die Leidenschaften blieben gemäßigt. Und doch: „Zerrissene Umarmungen“ ist ein Almodóvar, ein Leckerbissen für die Augen, eine Ausnahmeerscheinung im Kino. So gibt es einige Momente, die allein den Kinobesuch lohnen, wie die Hände des blinden Regisseurs, der die Aufnahme eines letzten Kusses auf dem Bildschirm zu berühren sucht. So rührend hoffnungslos war die Sehnsucht selten in einem Bild.