3.8.09
Public Enemies
USA 2009 (Public Enemies) Regie: Michael Mann mit Johnny Depp, Christian Bale, Marion Cotillard, Billy Crudup 140 Min. FSK ab 12
Während der großen Krise der Dreißiger Jahre, die eine echte Wirtschaftskrise war, nicht wie heute ein teurer Bluff der Banken und Konzerne, um sich die Verluste vom Steuerzahler refinanzieren zu lassen und die Gewinne selbst einzusacken, während dieser Krise also war der Bankräuber John Dillinger mit seinen Freunden der gefährlichste Verbrecher der USA. Oder er wurde von J. Edgar Hoover (auch ein Verbrecher, der Chef des FBI war) dazu gemacht. Das zeigt der kluge, atemberaubend gestylte Film von Michael Mann nämlich auch. Neben einer großen Gangster-Ballade und dem Star-Duell zwischen Johnny Depp und Christian Bale.
Die Geschichte ist aus vielen Gangsterfilmen bekannt: Der Gangster John Dillinger (Johnny Depp) raubt mit seinen Kollegen Pretty Boy Floyd, Babyface Nelson oder Dutch Schultz Banken aus und erfreut sich dabei durchaus der Sympathien einer armen und von den Banken ausgeraubten Bevölkerung. Ein wenig Robin Hood, ein extrovertierter Medienstar, der selbst aus seiner Verhaftung eine Show für die Kameras macht. In der Politik muss FBI-Chef J. Edgar Hoover seinen Sicherheitsapparat begründen, es muss einen Staatsfeind geben. Das Verbrechen wird nun mit Hilfe der Wissenschaft bekämpft und beide Seiten wissen von der Macht der öffentlichen Meinung. Bester Mann Hoovers ist Melvin Purvis (Christian Bale) - die Härte in seinem Gesicht steht im Gegensatz zum lächelnden Lebemann Dillinger. Der raubt ebenso schnell und entschlossen wie seine Banken auch das Herz von Billie Frechette (Marion Cotillard). Der positiv wirkende Star des Verbrechens zeigt seinen Wahnsinn nun auch in Liebe und Leidenschaft.
Michael Mann kann großartig Spannung aufbauen, sich Zeit lassen. Er verlässt sich für „Public Enemies“ nicht auf Riesenschießereien wie in „Heat“ oder „Collateral“. Wie „Heat“ ist auch „Public Enemies“ ein Duell zweier Männer, ein paar Jahrzehnte früher, in schicken Anzügen, auch schon in schnellen Autos, mit glänzenden Frisuren, entschlossenen Gesichtern. Depp und Bale geben die Oponenten intensiv. In jeder anderen Faser ist dieser Film ebenso spannend: Wie die Kamera von Dante Spinotti Gebäude und Strukturen dramatisiert, sich dann immer wieder in die Gruppen und Bewergungen stürzt. Der Soundtrack von Elliot Goldenthal macht das Schicksal dieses Gangsters groß und schwer, fast episch. Songs feiern die Geburt des Jazz und Billie Holliday singt dazu.
Michael Mann bildet klug nicht nur eine Gangster-Biographie ab. Es geht auch um die Gangster-Bilder in den Medien, historisch von der Handlungszeit zurück (mit James Cagney-Zitaten) und in die Zukunft gedacht. Es ist ein politisch hochaktueller Film über die Sicherheitsorgane, die sich ihre Gegner medienwirksam aufbauen, um Macht und ein paar Millionen mehr politisch einfordern zu können. Edgar Hoover, FBI-Chef und Gallionsfigur dieser bedrohlichen Entwicklung für alle Demokratien, gibt hier den Anstoß für „moderne Verbrechensbekämpfung“ mit Rasterfahndung, dem Abhören von Telefonen und Polizei-Folter. In Deutschland kam diese Entwicklung erst zu RAF-Zeiten richtig in Gang. (Den Faschismus beiseite gelassen, der sich um Rechte des Einzelnen sowieso nicht kümmerte.)
Nicht diese Methoden, sondern einfach Verrat ist letztendlich der Untergang von Dillinger. Zuletzt ist er allein, alle seine Freunde sind tot. Doch trotzdem täuscht er vor seinem großen Abgang noch einen dicken Raubzug vor und während die ganze FBI-Spezialabteilung ihn jagt, schaut er sich in aller Ruhe das fast leere Büro der Abteilung an - und fragt die Mitarbeiter wie es denn beim Baseball steht. Das Finale spielt dann - wie beim aktuellen Almodóvar - ganz deutlich mit den Vorbildern im Kino. Dillinger sieht im Gangsterfilm „Manhattan Melodrama“ den stilvollen Abgang von Clark Gable und sucht sich ein anderes Ende aus. Der letzte Satz ist eine Liedzeile: Bye bye Blackbird, und eine Liebe größer als das Leben bleibt zurück.