15.12.08

Lakeview Terrace


USA 2008 (Regie:    Neil LaBute) mit Samuel L. Jackson, Kerry Washington, Patrick Wilson 111 Min. FSK: ab 12

Der San-Andreas-Graben durchzieht Kalifornien von Nord nach Süd und sorgt für Spannungen in der Erdkruste, sowie in Folge immer wieder für Erdbeben. Andere Verwerfungen - die in der amerikanischen Gesellschaft - sorgen ebenfalls für Spannungen an der Westküste der USA, das zeigen Filme wie „Crash“ oder Altmans „Short Cuts“ auf exzellente Weise. Nicht in die Kiste „Meisterwerke“ gehört „Lakeview Terrace“, aber dank einiger Klasse bei Schauspiel und Skript gerät das Nachbarschaftsdrama nicht zu schnell auf die Schiene trivialer Gewalt (-filme).

Lisa und Chris Mattson (Kerry Washington, Patrick Wilson), ein frisch vermähltes und verliebtes Paar ziehen in ihr neues Luxushaus im wohlhabenden Viertel Lakeview Terrace in der Nähe von Los Angeles. Die Freude an den eigenen vier Wänden, dem Pool und dem großartigen Ausblick wird schnell vom Nachbarn Abel Turner (Samuel L. Jackson) gestört. Der irritiert mit kleinen Gemeinheiten und grellen Sicherheitsscheinwerfern in der Nacht. Dass Lisa eine Schwarze und Chris weiß ist, kann eigentlich nicht der Grund für die Vorbehalte sein, auch Abel hat schwarze Haut. Der wohlhabende Yuppie Chris kann sich gegen den vor Gewalt und Selbstbewusstsein strotzenden Polizisten Abel nicht mal im nachbarlichen Gespräch durchsetzen. Eine Demütigung, die Abel sichtlich auskostet. Zudem hat er immer das letzte Wort: „Sie können ja die Polizei rufen. Ich weiß, wer gerade Dienst hat“. Es beginnt ein raffiniertes psychologisches Spiel namens Nachbarschaftskrieg, wobei der Provokateur sich selbst oft nicht im Griff hat. Ein Spiel mit tödlichem Ausgang.

In „Lakeview Terrace“ kommt eine Vielzahl von Konflikten und Spannungen zusammen: Schwarz und Weiß, Mann und Frau, reich und Polizei-Einkommen, liberal und moralisch, entspannt und engstirnig, hoffnungsvoll und frustriert
Demokraten und Konservative. Diese Bruchlinien verlaufen nicht nur längs der Grundstücksgrenzen. Auch Lisa und Chris treibt es auseinander. Ihr Vater hat ihnen ein Haus gekauft, respektiert aber nicht den Schwiegersohn.

Während auf der gegenüber liegenden Seite des Tales einer der kalifornischen Waldbrände wütet, könnte der Nachbarschaftsstreit in einen billigen Actionfilm ausarten oder nach Nachmittags-TV aussehen. Nur die ordentlich aufgebaute Geschichte und Samuel L. Jackson als beängstigend guter Darsteller machen „Lakeview Terrace“ ansehbar. Zwischen Psychopath und bedauernswertem Opfer ist Abel kein Hüter seines Nachbarn, und wenn man den Namen biblisch und bildlich sieht, scheint Abel diesmal der Täter zu sein. Diese Ambivalenz bleibt bis zum Ende, das nach einem kurzen Actionfinale nur vermeintlich brutale Selbstjustiz vollzieht. Wenn man wirklich die Möglichkeiten und verpassten Chancen abwägt, ergibt sich ein bitterer, ungerechter Sch(l)uss.