6.5.08

Nichts geht mehr


BRD 2007 (Nichts geht mehr) Regie und Buch: Florian Mischa Böder mit Susanne Bormann, Nadja Bobyleva, Oliver Bröcker, Jörg Pohl, Jean-Luc Bubert 87 Min.

Kaum raus aus dem Elternhaus wird der stille Konstantin (Jörg Pohl) von seinem wilden Bruder August    (Jean Luc Bubert) vereinnahmt. Erst gibt es Party, dann das richtige Eintauchen in den Film mit einer großartigen nächtlichen Schwimmbad-Szene. „Mach dich mal locker!“ lautet die Empfehlung des Bedenkenlosen an den Grübler. Zusammen und unterstützt von einer Menge Alkohol übermalen sie in ihrer Heimatstadt Bochum die Rotlichter von Ampeln. Was als Spaß begann, wird von den Gesetzeshütern bald als „Terror“ gesucht. August und Konstantin Bender ergeben AKB oder: Autonomes Kommando Bochum.

Nach der Flucht nach Hannover treffen sie dort auf tatendurstige Junglinke und merken, ihre Aktionen kommen richtig gut an bei den Frauen. Nun entwickelt sich ein Moment des Revoluzzertums, das auch in dem Film „Bader“ schon angespielt wurde. Dem Erfolg folgt ein Rollenwechsel: August wird zum ernsthaften Klassenkämpfer und dabei wieder irgendwie spießig, während Konrad immer mehr Spaß hat, vor allem mit seiner Freundin Marit (Nadja Bobyleva).

Florian Mischa Böder wurde 1974 in Hannover geboren. Nach einem Studium zu Drehbuch und Regie an der
Kunsthochschule für Medien Köln (KHM) realisierte er preisgekrönte Kurzfilme und inszenierte Theater, unter anderem am Aachen Theater "Die Rote Zora und ihre Bande" sowie "Das Wirtshaus im Spessart". Auf seine Episode in „Die Österreichische Methode“ folgt nun „Nichts geht mehr“ als erster langer Spielfilm. Er findet (mit Kameramann Ergun Cankaya) immer wieder gute, reizvolle Bilder. Da genießt August farbverschmiert das Verkehrschaos, das er mit seinen Pinseleien verursacht hat, während Konstantin eher verdattert aus der Wäsche mit Farbflecken guckt. Wenn dann später aus den Farbflecken vom Ampelzukleistern die Farbtupfer von Gotcha oder Paintball werden, wurde auch die Thema deutlich ausgemalt: Hier spielen große Jungs (und Mädels) Widerstand. Alles ist nur ein Spiel, eine große Spaßaktion. Passend dazu drohen Mitläufer damit, jede Woche einen kapitalistischen Gartenzwerg zu exekutieren. Auch die Ideologie läuft im Leerlauf: „Ihr erzeugt einen kleinen Stillstand, um den großen zu entlarven: Nichts geht mehr.“

So ist „Nichts geht mehr“ nicht mit Filmen wie „Die fetten Jahre sind vorbei“ zu vergleichen, die ein Anliegen thematisierten. Hier geht es nicht um eine politische Position sondern um eine Nicht-Position. Dies beklagen einige Kritiken und steigen dadurch genau in die Diskussion ein, die der Film anstößt. „Nichts geht mehr“ gilt durchaus auch für eine Position des Widerstands.

Jörg Pohl erhielt für die Rolle des nachdenklichen Konstantins 2008 den Darstellerpreis beim Max Ophüls-Festival in Saarbrücken. Er wird unterstützt von einem guten Jazz-Score. Leider sind gerade die Dialoge nicht prickelnd und oft nicht überzeugend ausgespielt - erstaunlich bei einem Theatermann. Doch ansonsten zeigt Florian Mischa Böder bei seinem Debüt, dass noch eine ganze Menge geht im deutschen Film...