27.8.07

Hallam Foe


Großbritannien 2007 (Hallam Foe) Regie: David Mackenzie mit Jamie Bell, Sophia Myles, Claire Forlani, Ciarán Hinds 96 Min.
 
Endlich gibt es noch mal was zu sehen im Kino. Und zu hören. Und zu erleben. Aber vor allem: Sehen. Denn unseren jungen schottischen Helden Hallam Foe (Jamie Bell aus "Billy Elliot") würde man als Spanner bezeichnen, wäre in diesem märchenhaften, verrückten, poetischen und verspielten Film von David Mackenzie ("Young Adam") nicht alles anders.
 
Hallam ist zwar ein provokanter Teenager, aber so recht will er auch nicht raus aus dem Nest von Vaters altem Schloss. Der Junge führt einen originellen Kleinkrieg gegen die sexy Stiefmutter, die vermeintliche Mörderin seiner vor zwei Jahren ertrunkenen Mutter. Ansonsten hockt er in seinem Baumhaus und beobachtet mit dem Fernglas Menschen, bevorzugt Paare. Bis Schwiegermama Verity in den Gegenangriff geht, Hallam verführt und ihn bloßstellt. Beleidigt verzieht sich der verwöhnte Knabe in die Großstadt Glasgow und macht das Gleiche wie vorher: In einem Uhrenturm ein Nest suchen, über die Dächer klettern und Menschen beobachten. Vor allem die ebenso unabhängige wie einsame Hotelmanagerin Kate (Sophia Myles) fesselt ihn, sieht sie doch seiner Mutter zum Verwechseln ähnlich. Hallam muss sich nun ins Leben stürzen und eine Stelle im Hotel annehmen.
 
Hier ist die Geschichte längs heftig ödipal, der nett skurrile Hallam entwickelt sich zu einem gefährlichen Monster und man ist weiterhin ständig überrascht, wohin sich die Handlung nun wendet! Auch wenn sich Hallams erste Schritte ins eigene Leben ziemlich dramatisch entwickelt, behält der Film doch seinen leichten, verspielten Ton. So ein origineller Typ wie dieser Dieb der Blicke über den Dächern von Edinburgh wird sorgsam mit sehr reizvollen Bildern ausgestattet. Die Musik schwingt zwischen Morrisey und Franz Ferdinand, was dem bei der Berlinale umjubelten Wohlfühl-Werk den Silbernen Bären für die beste Filmmusik einbrachte.
 
"Hallam Foe" ist psychologisch ebenso wie kriminalistisch spannend. Denn angesichts eines Unglücksbootes mit zerschlagenem Rumpf und eines jahrelangen Verhältnisses des Vaters mit Verity ist ein Mord nicht undenkbar. Kates Ähnlichkeit zu Hallams Mutter führt zu einem wunderbaren ödipalen Vertigo und zu einer atemberaubend hemmungslosen Beziehung zwischen Glück und Wahnsinn. Dass die anfängliche Trennung von Zuhause mit dem Zerstören der Sim-Card besiegelt wird, ist nur eine von zahllosen Kleinigkeiten, die Mackenzies Geschichte so spaßig und besonders unterhaltsam machen. David Bell, der Star von "Billy Elliot" überzeugt ungemein in einer fast erwachsenen Rolle. Ein rundum überzeugendes Filmvergnügen!