5.2.07

Schräger als Fiktion


USA 2006 (Stranger Than Fiction) Regie: Marc Forster mit Will Ferrell, Maggie Gyllenhaal, Dustin Hoffman 113 Min. FSK: ab 6

Ein Gag wie aus Zucker-Komödien: Britisch ungerührt kommentiert die weibliche Stimme jeden Schritt des pedantischen Steuerprüfers Harold Crick (Will Ferrell). Bis Harold die 54 Auf-und-Ab-Bewegungen des Zähneputzens unterbricht und sich wundert, ob die Stimme aus seinem Kopf kommt. Fortan stolpert er immer öfter über diesen literarischen Kommentar seines Lebens.

Als dann auch noch seine Uhr stehen bleibt, ist es um den immergleichen Tagesablauf des Pedanten geschehen. Die Begegnungen mit der rebellischen, säumigen Steuerzahlerin Ana Pascal (schillernd: Maggie Gyllenhaal) bringen ihn weiter aus der Bahn und dann verkündet die Stimme den baldigen Tod von Harold Crick!

Als alle Analytiker ratlos bleiben, wendet sich Harold an den Literatur-Professor Dr. Jules Hilbert (Dustin Hoffman, mit einem T-Shirt nicht nur als Schwimm-Lebensretter gekennzeichnet). Wer sonst sollte helfen, wenn man sich als Figur eines Romans erkennt. Der schlägt vor, erst einmal zu klären, in welchem Genre sich Harold bewegt: Komödie oder Tragödie...

"Schräger als Fiktion" des in der Schweiz aufgewachsenen Hollywood-Deutschen Marc Forster ("Monster's Ball", "Wenn Träume fliegen lernen") ist tatsächlich ziemlich schräg und die intelligente Version der "Truman Show". (Wobei die jeweiligen Nachfolger Jim Carrey und Bobby Farrell aus dem gleichen Stall, der Comedy-Show "Saturday Night Live", stammen.) Hochkomplex versucht hier eine literarische Figur ihrem Schicksal zu entkommen. Dabei sehen wir auch die Autorin und ahnen, dass es nicht gut steht um Harold Crick. Kay Eiffel (Emma Thompson) mag sich gottgleich, kommt aber nicht mit Depression und Schreibblockade zurecht. So handelt ihre Assistentin Penny Escher (Queen Latifah) mehr wie eine Aufseherin denn eine Sekretärin im Auftrag des Verlags, der um die Abgabe des neuen Romans von Kay Eiffel bangt.

In seiner Verzweiflung weigert sich Harold, zu handeln. Er sitzt nur noch auf seiner Couch. Bis die Handlung dramatisch zurück schlägt - mit einer Abrissbirne mitten ins Wohnzimmer. Die surreale Verbindung zweier Ebenen schreitet bis zum raffinierten Finale fort. Nicht nur durch die Anwesenheit Dustin Hoffmans ergibt sich eine Verwandtschaft mit dem noch mehr verwirrenden "I Love Huckabees", aber auch an "Adaptation" von Charlie Kaufman muss man denken, bei diesem äußerst reizvollen Kopfkino mit einer schönen Liebesgeschichte mittendrin.

Schon die Stimme von Emma Thompson mit dem aufs Exakteste dosierten feinen Spott, der erlesenen Wortwahl, gewährt einen Genuss, der alles außer Originalversion verbietet. Ein paar grafische Spielereien frischen die Bilder auf. (Erstaunlich wie wirkungsvoll nur eine weitere Ebene ist, man muss sich mit Peter Greenaway fragen, weshalb Film immer noch so flach ist.) Dazu ist "Schräger" erlesen besetzt bis zum letzten Psychiater.

Doch das hilft Harold alles nicht: Nach der sagenhaften Begegnung von Autorin und Hauptfigur (auch hier: siehe "Truman Show") entscheidet selbst Literatur-Professor Hilbert vom hohen Bademeister-Stuhl herab: Harald soll für die Kunst sterben. Der Soundtrack kommentiert zynisch mit The Clash "That's Entertainment".