Berlin. Ein Goldener Bär wird die Artenvielfalt der Mongolei bereichern. Mit dem humorvollen Drama "Tuyas Ehe" (Tu ya de hun shi) des Chinesen Wang Quan’an gewann ein reizvoller Film mitten aus dem Mainstream internationaler Wohlfühlproduktionen.
Nicht das Aufsehen erregende, nicht die Publikumsfavoriten, die ganze Säle begeisterten. Nein, auf die ganz netten, die wohltemperierten Filme konnte sich die internationale Jury mit Paul Schrader und Mario Adorf für die Hauptpreise der Berlinale einigen. Den "Goldenen Bären" gewann "Tuyas Ehe", einer von zwei Wettbewerbs-Filmen, die von der Mongolei handelten. In der Folge von "Urga" oder "Die Geschichte vom weinenden Kamel" gerät das traditionelle Leben der Hirten unter die Räder der Veränderungen in Wirtschaft und Natur. Tuya (Yu Nan) hütet in der weitläufigen Steppe Schafe, sie versorgt den Mann Baolier (Peng Hongxian) und zwei Kinder. Der verletzte sich bleibend bei Bau eines neuen Brunnen, nun muss Tuya täglich weite Wege für das Wasser reiten und auch die ferne Quelle versiegt. Da Tuya es nicht mehr schafft, muss ein neuer Mann her. Baolier stimmt in die Scheidung ein, aber der Neue soll auch ihn im Haushalt belassen und nicht in ein Heim abschieben. Von den vielen, meist alten Bewerbern stimmt keiner zu. Nur der unglückliche Nachbar Shenge, selbst von seiner Frau verlassen, bleibt.. Er steht mal hilfreich zur Seite, mal muss er besoffen in der Steppe aufgelesen werden.
Eine schöne, anrührende Geschichte, die Einblick in den Wandel einer naturverbundenen Lebensweise gewährt, Sympathien für die Figuren gewinnt und gut unterhält. So was kommt international im Arthaus-Kino an. Das weiß man, weil es nicht der erste Film dieser Art, vor diesem Hintergrund ist. Wer im Kino auch mal was Neues, was Anderes sehen möchte, verspürt angesichts dieser Preisvergabe Enttäuschung.
Verdient, aber sehr überraschend war der Silberne Bär für Nina Hoss, die in "Yella" von Christian Petzold zwei Seiten einer Frau spielt. Die gekonnt unterkühlte Darstellung setzte sich gegen international renommierte Leinwandgrößen wie Cate Blanchett, Judi Dench oder auch die umjubelte Marianne Faithfull durch. Bei den Männern siegte Julio Chavez für die Rolle eines erfolgreichen 38-Järigen, der in der Mitte des Lebens beginnt, alles zu überdenken. Für diesen Film, "El Otro" des Argentiniers Ariel Rotter, gab es auch den Jury-Preis, einen Silbernen Bären. Nur der Alfred Bauer Preis für innovative Kinematographie belohnte 2007 den Mut zu frischen Bildern und Geschichten. "Ich bin ein Cyborg, aber das ist Ok" von Park Chan-wook ("Old Boy", "Lady Vengeance") bestätigt Süd-Korea als Jungbrunnen des Kinos.
Auch zwei NRW-Produktionen erhielten Auszeichnungen in Berlin: Der "Gläserne Bär" des Wettbewerbs "Generation 14plus" ging an "Sweet Mud" als bester Spielfilm. Die unter anderem von der Kölner Heimatfilm realisierte israelisch-deutsche Koproduktion ist die Geschichte eines Jungen, der mit seiner psychisch kranken Mutter in einem Kibbuz aufwächst. Die deutsch-türkische, von der Filmstiftung geförderte Koproduktion "Takva" erhielt den FIPRESCI-Preis und erzählt von einem konservativen Moslem, der in Istanbul in einen Konflikt zwischen Tradition und Moderne gerät. So einen Konflikt sah die Internationale Jury erst gar nicht, sie hat sich wohl vor allem am guten, alten Kino erfreut.