12.2.07

Der gute Hirte


USA 2006 (The Good Shepherd) Regie: Robert De Niro mit Matt Damon, Robert De Niro, Angelina Jolie 167 Min. FSK: ab 12
 
Vierzehn Jahre dauerte es, bis Robert DeNiro seine zweite Regiearbeit ablieferte. Und so detailliert und sorgfältig wirkt "Der gute Hirte" auch. Der Lebenslauf eines CIA-Agenten (Matt Damon) zeigt packend und erschütternd, was für Psychopathen in unseren Geheimdiensten das Schicksal der Weltpolitik lenken könnten.
 
"Der gute Hirte" wird als große Rückblende erzählt. Vom Moment an, wo die Invasion Kubas in der Schweinebucht gescheitert ist und die CIA einen Verräter in den eigenen Reihen sucht. Anonym wird Wilson (Damon) ein Umschlag mit Tonband und einem Foto zugesandt. So wie nun die Geheimdienste eine Tonbandaufnahme und ein Foto bis auf das Pixel analysieren, dabei eine unglaubliche Menge an Informationen herausholen, so seziert auch DeNiros Film die unheimliche Figur des Mitläufers Edward Wilson.
 
Wilson tritt zuerst (und akustisch auch am Ende) bei einer Studenten-Travestie in Frauenkleidern auf. So rekrutiert man ihn 1939 als Yale-Student zuerst zur ultra-nationalistischen Vereinigung "Skulls and Bones" (Schädel und Knochen - wie vielversprechend!) dann zum FBI. Als erstes liefert der Student seinen geliebten Englisch-Professor als Nazisympathisanten ans Messer. Dann heiratet er die schwangere Tochter (Angelina Jolie) des Chefs und stößt seine taubstumme Liebe weg. Im Nachkriegsdeutschland schläft er mit der Übersetzerin (Martina Gedeck) um sie dann als russische Spionin liquidieren zu lassen. An der ständigen Abwesenheit gehen seine Frau und seine Ehe zugrunde. Nur der ebenso vernachlässigte Sohn vergöttert den Vater und will auch so ein toller Geheimdienstler werden. Mit tragischen Folgen, denn die mörderische Staatstreue des Schreibtischtäters Wilson macht auch vor der eigenen Familie nicht Halt.
 
Es ist faszinierend, wie DeNiro diese Figur schildert und tief verstörend ihrem Handeln zu folgen. Höchst politisch ist dieser Film darin, dass man sich irgendwann fragen muss, welche Leute, was für Psychopathen in diesen Geheimdiensten stecken. Zu keiner emotionalen Beziehung fähig. Bereit, jeden ans Messer zu liefern. Zu foltern, zu töten. Und diese Menschen machen dann Weltpolitik, stürzen am laufenden Band Regierungen und malen neue Grenzen auf die Landkarten. Dabei ist die sowjetische Bedrohung eine Farce, die nur ernst genommen wird, um die westliche Rüstungsindustrie florieren zu lassen. Das Duell mit dem russischen Widerpart entwickelt sich zum fast freundlichen Verhältnis. Mit Zynismus einigt man sich angesichts der Kuba-Krise, es nicht zum Dritten Weltkrieg kommen zu lassen. Dann wäre man ja arbeitslos. Mit einem alten Mafioso fragt man sich, wofür diese Ur-Amerikaner das eigentlich alles tun.
 
Neben dem von Damon beeindruckend gespielten Wilson wimmelt es von faszinierenden Figuren: Sein ehemaliger Literaturprofessor und erstes Opfer etwa: Trotz des Verrates ein Freund und Warner. DeNiro spielt selbst kurz einen General. William Hurt einen Vorgesetzten Wilsons. Martina Gedeck unauffällig eine Übersetzerin. John Turturro den engsten Mitarbeiter über viele Jahre.