20.3.06
Der Räuber Hotzenplotz
BRD 2006 (Der Räuber Hotzenplotz) Regie: Gernot Roll mit Armin Rohde, Martin Stührk, Manuel Steitz 94 Min. FSK: o.A.
War er schon vergessen? Kaum: Die deutsche Kinderliteratur ist ohne Otfried Preussler nicht vorstellbar. Seit den Fünfziger Jahren hat der ehemaliger Lehrer mit "Der kleine Wassermann", "Die kleine Hexe", "Der Räuber Hotzenplotz", "Kater Mikesch", "Das kleine Gespenst", "Krabat" und vielen anderen Geschichten Kindheiten fantasiereich belebt. Nur die Verfilmungen haben über ein Jahrzehnt Pause gemacht, zuletzt belebte Curt Linda "Das kleine Gespenst" im Zeichentrick. Dabei siedelten all die erfolgreichen einheimischen Kinderfilme vom "Sams" bis zur "Bibi Blocksberg" meist im gleichen Milieu übersichtlicher Beschaulichkeit, in der ganz Deutschland ein Dorf ist. Auch der Schurke, die solitäre Verkörperung des Bösen endet gerne mitleiderregend. Wie der recht dumme Räuber Hotzenplotz, der jetzt in einer typisch unzeitgemäßen Verfilmung wieder reingelegt wird.
Der Kinderfilm setzt im Vorspann die Prämisse: Alles nur Theater und zwar Marionettentheater. Dann übernehmen drei Ausnahmeschauspieler (Rohde, Hörbinger, Thalbach) und bekannte Nasen der Fernsehunterhaltung dann die Handlung. Den üblen Räuber Hotzenplotz, der in einer ganz schröcklichen Greueltat der Großmutter (Christiane Hörbiger) die Kaffeemaschine mit der Spieluhr entreißt, spielt Armin Rohde vortrefflich in der Nachfolge von Gerd Fröbe und klingt dabei oft wie Mario Adorf. Gelbe Zähne blecken groß in die Kamera, ein zotteliger Bart möchte auch nicht so nah betrachtet werden. So sucht er das Weite. Während der wirre Wachtmeister Dimpfelmoser (ein gebremst chaotischer Piet Klocke) ratlos bleibt, folgt der mutige, kluge Kasperl mit seinem dämlichen Freund Seppl dem Hotzenplotz, gerät aber in dessen Falle und wird zum Kartoffelschälen an den Zauberer Zwackelmann (Rufus Beck) verkauft. Erst die Fee Amaryllis (Barbara Schöneberger) kann die heile Welt wiederherstellen.
Die begeisterten Befürworter dieses Kinderfilms für die jüngsten Kinozuschauer werden wieder das Zauberwort "kindgerecht" auf ihrem Banner führen. Als wenn die Kinder noch simpler wären, als es der Pisa-Test erlaubt. Im Vergleich zu aktuellen Kinderfilmen beispielsweise aus den Niederlanden oder Skandinavien, sind die Typen klar wie Gut und Böse. Zwischentöne oder wiedererkennbare Situationen aus dem Leben der Kinder fehlen in diesem Typentheater. An die Figuren von Astrid Lindgren, deren Ambivalenz, deren differenzierte Gefühlswelt, will man hier gar nicht denken.
Den wenigen netten Szenen, etwa zwischen Katharina Thalbach und Piet Klocke, dem witzigen, digitalen Krokodilhund stehen Nachlässigkeiten gegenüber, die man Kindern anscheinend straflos zumutet: Ein Studiowald beherbergt die kleinen Abenteuer mit den kleinen Schrecken. Im Hintergrund fährt schon mal unpassend ein Kleinlaster durchs Bild. Dazu nervt eine Dauerbeschallung mit den simpelsten Melodien, die sich im Mülleimer von Nicola Piovani finden ließen. Die Krönung ist Barbara Schöneberger als unmöglichste Fee der ganzen Märchenwelt. So eine dicke Kröte musste das Publikum lange nicht mehr schlucken.