28.3.06

Bye bye, Berlusconi


BRD 2005 (Buonanotte Topolino) Regie: Jan Henrik Stahlberg mit Maurizio Antonini, Lucia Chiarla, Jan Henrik Stahlberg, Pietro Bontempo 89 Min. FSK: ab 12
 
Ein Politikum! Oder ein Werbegag? Da wurde der Start des Films "Bye bye, Berlusconi" verschoben, damit er in Italien direkt vor den Wahlen gezeigt werden kann. Da schwirren im Internet Filmchen mit einem popelnden Berlusconi herum, der auch noch ans Brandenburger Tor pinkelt. Es ist allerdings nicht der echte Ministerpräsident Italiens, nur das Double aus dem Film, das sich zur Berlinale laut Aufmerksamkeit heischend in Berlin herumtrieb. Einem unverschämt kriminellen Politiker den Prozess machen, eine schöne Idee. Aber leider reitet das Politfilmchen zu lange auf derselben rum.
 
Gerade hat die linke Gang den italienischen Ministerpräsidenten Berlusconi entführt, die Flucht gelingt trotz der Polizeisperren. Da wird der Dreh gestoppt. Der Politiker verbittet sich und verbietet den Film über seine Person. So sitzt die vorher so engagierte Crew mit dem verblüffend ähnlichen Berlusconi-Double frustriert im Hotel und weiß nicht, wie es weitergehen soll. Bis der Sohn des Drehbuchautors den Produzenten mit einem Entenhausen-Comic auf eine Idee bringt: Wenn man den Film als Fabel, eng an Dagobert Duck und die Panzerknacker angelehnt, inszeniert, kann höchstens Disney klagen, nicht aber Berlusconi!
 
So wird der allmächtige Melonenhändler, der auch die Melonensender mit den Tutti Frutti-Shows sein eigen nennt, von Panzerknackern - dem Namen nach - entführt. Da niemand auf die Forderungen der politischen Aktivisten eingeht und auch der korrupte Politiker keine seiner offensichtlichen Bestechungen gesteht, bringt man ihm übers Internet vors Volksgericht - komplett mit Online-Voting zu den einzelnen Anklagepunkten.
 
Wie die Geiselnehmer im "Film im Film" muss auch das Filmteam vor juristischer Schikane und mysteriösen Anschlägen von Genua immer weiter in die Berge fliehen. Trotz Unterstützung der Bevölkerung steht das Projekt bald wortwörtlich vor dem Abgrund.
 
Autor und Schauspieler Jan Henrik Stahlberg ("Muxmäuschenstill") gelingt es in seiner eigenen Regie nicht, die durchaus raffinierte Grundidee und das Pfund eines verblüffenden Berlusconi-Imitators über die Länge eines Spielfilms zu retten. Der "wahre Berlusconi" ist wahrlich genial, ein gefundenes Fressen für die breite Opposition. Er singt ebenso berüchtigt schlecht wie der echte Medienmogul und vertreibt das Gejaule noch als Handy-Klingelton. Doch beim Ausmaß der inneren Farce ist der ziemlich realitätsnahe Ernst der verhinderten politischen Stellungnahme nicht wirklich ernst zu nehmen. Dem vielleicht begründeten, vielleicht psychotischen Verfolgungswahn von Lucia, der Daisy Dick-Darstellerin, sitzt man nur befremdet gegenüber. Vielleicht hilft es Italien trotzdem.