4.3.06

Brokeback Mountain


USA 2005 (Brokeback Mountain) Regie: Ang Lee mit Heath Ledger, Jake Gyllenhaal, Anne Hathaway 134 Min.
 
Man kommt zurzeit an schwulen Cowboys nicht mehr vorbei. Keine Zeitschrift, die nicht mindestens eine Strecke zum Thema oder zum schwulen Film überhaupt liefert. Deshalb ist es noch mal Zeit für einen alten Klassiker: Es gibt keinen schwulen Film, Film ist immer aus Zelluloid! Und so ist "Brokeback Mountain" zwar ein großes Thema, aber einer der schwächeren Filme von Ang Lee und eine nicht besonders gelungene Literaturverfilmung.
 
Der kurze Roman "Brokeback Mountain" von Annie Proulx ist ein echter Quickie, die packende Geschichte von der unerfüllten Cowboy-Liebe liest man in wenigen Stunden weg. Vor allem der Slang der beiden einfachen Cowboys, die einsamen, kalten Nächten ganz eng zueinander finden, vermittelt ein Gefühl ihrer Welt. Annie Proulx hat übrigens schon die Vorlage zu den "Schiffsmeldungen" geschrieben, verfilmt von Lasse "lass es" Halström.
 
Man fragte sich, was aus den paar Szenen um sehr schweigsame Männer auf Spielfilmlänge werden würde. Lange, stumme Dialoge? Doch der Film von Ang Lee ("Tiger & Dragon", "Eissturm", "Hulk") ist ziemlich laut. Die Jungs quatschen an einem Stück, nur beim Sex halten sie den Mund. Der wird übrigens kurz und heftig ausgelebt.
 
Aber gehen wir an den Anfang der Affäre, im Jahr 1963 heuern in Wyoming der Möchtegern-Rodeoreiter Jack Twist (Jake Gyllenhaal) und der Waise Ennis Del Mar (Heath Ledger), als Saisonarbeiter an. Sie sind beide ziemlich pleite, machen nicht was echte Film-Cowboys früher machten, tausende Rinder über dürre Steppen und eisige Höhen treiben. Diese müssen am Brokeback Mountain einen Haufen doofer Schafe davor schützen, von Kojoten dezimiert zu werden.
 
Dabei gibt es Arbeitsteilung: Jack macht nachts auf Hirte oben am Berg und die Hausfrau Ennis wartet unten mit Essen. Irgendwann sind sie das Pendeln satt, tauschen mal die Rollen bis sie herausfinden, wie es am nettesten ist: Zusammen unter einer Decke. Sie bestätigen sich zwar direkt gegenseitig, dass sie auf keinen Fall schwul sind. Und legen sich danach sexy mit nacktem Oberkörper ins Zelt. Doch der Sommer mit Rangeln und Raufen in der freien Natur endet verfrüht, die beiden verlieren sich aus den Augen, heiraten.
 
Nun zieht sich die Tragik des unmöglichen richtigen Lebens im Falschen (an der auch die Frauen leiden müssen) über Jahrzehnte hin. Jack möchte zusammen mit Ennis eine Ranch aufmachen, doch der ist traumatisiert von einer Lynchjustiz an einem Schwulen, die er als Kind ansehen musste, will sich in der Tarnung Familie einnisten. So besteht diese traurige Beziehung fortan aus Abwesenheit und kurzen Urlauben mit vielen Monaten Abstand.
 
Man sollte nicht vergleichen, doch Lees "Brokeback Mountain" gewinnt nicht unbedingt durch das Mehr an falschem Leben, das Annie Proulx im gleichnamigen Buch strafft. Von den beiden Jungstars - Heath Ledger eher den glänzenden, scheinenden Rollen zugeneigt; Jake Gyllenhaal den ausgefallenen Sachen, vor allem "Donnie Darko" - kann nur Gyllenhaal überzeugen. Der "Ritter aus Leidenschaft" und "Casanova" Ledger redet die ganze Zeit, als wenn er per Zungenkuss die Wattebällchen von Marlon Brando in seine Backen gestopft bekam. Trotzdem ist es bei ihm immer spannend zu sehen, wo und wie die unterdrückten Gefühle aus der harten Schale hervorbrechen.
 
In Venedig gab es für "Brokeback Mountain", den gefühlt längsten Ang Lee den Goldenen Löwen, es ist DER Film bei den Oscars für 2005 und DAS Thema. Doch sowohl Lees anderer Western, der ungewöhnliche Bürgerkriegsfilm "Ride With the Devil" als auch die Komödie "Das Hochzeitsbankett", in dem ein schwuler Chinese in New York seinen Eltern eine Hetero-Hochzeit vergaukelt, boten weit mehr guten Film.