16.1.06
Yes
Großbritannien/USA 2004 (Yes) Regie: Sally Potter mit Joan Allen, Simon Abkarian, Sam Neill, Shirley Henderson 100 Min. FSK ab 12
Man darf wieder "Ja" sagen zu Sally Potter. Nach dem Androgynitäts-Epos "Orlando" und den zwischengeschlechtlichen "Tango Lessons" gelang ihr nun ein schöner, intelligenter, rührender und immer wieder mit Originalität beschenkender Liebes-Lebens-Film.
"Sie" (Joan Allen) trifft "ihn" bei einer Gala. "Er", der im Libanon Arzt war und in London als Koch arbeitet, erkennt ihr emotionales Dürsten sofort und erfüllt es bald. Ihr Gatte Anthony (Sam Neill) spielt nur noch die Rolle eines Ärgernisses.
Wie immer geht es bei Sally Potter um das Verhältnis von Männer und Frauen, um die Analyse der Machtstrukturen in und zwischen den verschiedenen Klassen der Gesellschaften. Doch in diesem nur von der Konstellation romantischen Setting bringt sie es fertig, völlig glaubhaft und lebendig eine Konfrontation von Imperialismus und südländischem Machismo in die emotionale Auseinandersetzung zu bringen. Liebe und Tod, ein Diskurs über den Fremden, den Asylanten, den Arzt, der in England immer übersehen wird. Gleichzeitig betörend schöne Bilder, eine wunderbare Ästhetik und eine funkelnde Intellektualität.
Die vielfältig talentierte Künstlerin Sally Potter schrieb auch die Musik, zusammen mit Philip Glass und Tom Waits. Sie beherrscht die Siebte Kunst komprimiert Einsamkeit wunderbar in Bilder, wagt es sogar, die Figuren in Versform sprechen zu lassen. Beim englischen Original fließen auch die Jamben in Gedanken und Gesprächen leicht wie Alltagssprache. (Ob die deutsche Synchro damit zurecht kommt, bleibt abzuwarten.) Bis hin zu den letzten weisen Worten der scharf und selbstbewusst kommentierenden, allwissenden Putzfrau (Shirley Henderson): Nein existiert nicht, es gibt nur ein Ja.