9.1.06
War'n Sie schon mal in mich verliebt?
BRD/Österreich 2005 () Regie: Douglas Wolfsperger mit Max Hansen, Max Hansen jr., Brigitte Mira, Volker Kühn 89 Min. OV (dk., dt., engl., schwed.) mit dt. UT
Douglas Wolfsperger, das ist der Regisseur der wunderbaren Kino-Nostalgie "Bellaria - So lange wir leben" und der völlig übersehenen, herrlich spöttischen Brauchtums-Doku "Die Blutritter". Nun hat er einen bemerkenswerten Menschen und dessen wechselhafte Karriere filmisch ausgegraben.
Max Hansen mag jüngeren Generationen bislang höchstens mit seiner Rolle des Kellners Leopold im Musical „Im weißen Rössl" (1930) bekannt sein. Doch der Antisemitismus der Nazis vertrieb ihn von Berlin zuerst nach Wien und dann in seine dänische Heimat, wo er wieder eine neue Karriere begann - unter Umständen, die so atemberaubend sind, wie vieles im Leben dieses in hellen und dunklen Tönen schillernden Künstlers.
Hansen wurde 1897 in Mannheim geboren. Seine Mutter, ein Varieté-Star aus Dänemark, gab ihn früh in eine deutsche Pflegefamilie, bei der der Junge in München aufwuchs. Aus seinem dortigen Schlafzimmerfenster schlich sich der jugendliche Max Hansen heimlich auf die Bühne des Simplicissimus-Kabaretts und feierte erste Erfolge als „kleiner Caruso". Anfang der Zwanziger Jahre zog es den angehenden Entertainer nach Berlin, wo er bei Max Reinhardt am Großen Schauspielhaus in die Lehre ging. Am Abend „tingelte" er und verdiente sich ein Zubrot im legendären „Kabarett der Komiker". Der talentierte Tenor und Entertainer Hansen komponierte auch selbst und trat von 1930-33 in zehn Tonfilmen auf.
Er war laut Zeitzeugen ein Künstlertyp, den es nicht mehr gibt: Multitalent, Superstar, Entertainer - trotzdem fast vergessen. Die Begeisterung erleben wir noch im Gesicht einer sehr alten Verehrerin, die unvergessliche Szenen sogar mit ein paar Tanzschritten noch einmal nachspielt. Er hatte eine größere Zahnlücke als Madonna, einen enorm schelmischen Blick und angeblich zahllose Affären. Brigitte Mira erzählte fast etwas beleidigt, weshalb sie wohl als einzige seiner Filmpartnerinnen keine Affäre mit Max hatte. Und Max war frech: In dem selbstkomponierten "Titelsong" des Films "War'n sie schon mal in mich verliebt?" macht er den "Herr Hitler" lächerlich, was Hansen schon früh zum Lieblingsfeind der Nazis machte. Beim "kontrollierten Rückzug" nach Wien entdeckt Hansen ganz nebenbei Zarah Leander als Bühnenpartnerin. 1938 ging die Flucht weiter nach Dänemark, 1961 starb er nach einem Schlaganfall.
Die einfühlsame Dokumentation "War'n sie schon mal in mich verliebt?" erzählt von vielen Dingen. Von der Persönlichkeit Hansens, die hinter den ganzen Geschichtchen immer privater wird, von der wilden Zeit der Zwanziger, der Künstlerszene und der Politik. Da sind nicht nur die nüchtern noch schmerzhaften Fakten eines weiteren durch Rassenwahn zerstörten Lebens. Selbst in den Interviews mit den sogenannten Verehrern lebt das Wegschauen weiter, wenn sie auch heute noch ihren "Max Hansen" keinen Juden sein wissen wollen. Hier ist Wolfsperger - vielleicht entgegen brave Doku-Ethiken - zu loben, wenn er wie schon in "Die Blutritter" notwendigerweise Menschen bloßstellt!