28.11.21

Faking Hitler / RTL+


Ein „Jahrhundert-Coup" des „Stern", der nach wenigen Tagen zur Lachnummer wurde: Die Entdeckung vermeintlicher Hitler-Tagebücher entblößt als Anekdote der Pressegeschichte viel über ein seltsame Hitler-Leidenschaft der Deutschen. Was aber auch schon ein Blick auf die Titelblätter von Stern, Spiegel und Co. verrät. Showrunner Tommy Wosch macht aus der Geschichte eine geschickt und dicht gestrickte Farce über sechs Folgen. (Ab 30.11. auf RTL+) 

Am 25. April 1983 stellte das Magazin „Stern" die privaten Tagebücher von Adolf Hitler vor – in „Faking Hitler" haben wir da schon seit vier unterhaltsamen Folgen miterlebt, wie sich der eitle Starreporter Gerd Heidemann (Lars Eidinger) nur zu gerne vom kleinen Kunstfälscher Konrad Kujau (Moritz Bleibtreu) alten Nazi-Kram hat andrehen lassen. Und wie der Marketing-Mensch vom „Stern" für diesen „Coup" alle journalistischen Bedenken vom Tisch wischt. Neben diesen herrlichen Albernheiten, samt kompliziertes Dreiecksverhältnis um den sensiblen „Künstler" Kujau, gibt es den Handlungsstrang der Jungredakteurin Elisabeth Stöckel (Sinje Irslinger). Bei der Suche nach der SS-Vergangenheit von Derrick-Darsteller Horst Tappert entdeckt sie mit Hilfe des jüdischen Investigativ-Journalisten Leo Gold (Daniel Donskoy) ihren eigenen Vater (Ulrich Tukur) unter den Mördern für Hitler.

Grandios werden hier haufenweise Verknüpfungen und Verstrickungen komprimiert. Unter der gelungenen Regie von Wolfgang Groos und Tobi Baumann hat Tukur als Jura-Professor und Spezialist für Gerechtigkeit mit furchtbarer Vergangenheit tatsächlich die stärkste und bewegendste Szene. Dieser Strang verhindert, dass „Faking Hitler" die gleiche Unbedarftheit hinlegt, wie einst die sensationsgeilen Journalisten des „Stern".

Eine große Nummer ist vor allem der Konrad Kujau von Moritz Bleibtreu. Mit deftigem Dialekt liegt er meist im Bade, ist ansonsten die Made in den Haushalten seiner beiden Frauen. Die mäßigen Fälschungen – schon „Schtonk" amüsierte sich über die falsche Initiale auf dem Einband – verkauft er mit einer Bauernschläue, die für viele Lacher gut ist. Lars Eidinger, der Star, ist von der ersten Szene an grandios, wenn sich sein Auto in Zeitlupe überschlägt und er selbst dabei noch ein paar erstaunliche Ausdrücke für die Kamera parat hat. Dass Heidemann, dieser Ritter des Checkbuch-Journalismus, tatsächlich Görings Boot besitzt und mit Görings Tochter ins Bett geht, gibt dem satirischen Affen Zucker. Ebenso, wenn sich in Boston Frau Hitler und Frau Göring begrüßen. Aber ausgedacht ist hier nur einiges. Zuviel ist leider tatsächlich so gewesen.