(Deutschland 2021), Regie: Hermine Huntgeburth, mit Florian Lukas, Leonard Scheicher, Ulrich Noethen, 6 Folgen je ca. 30 Min., Altersfreigabe ohne Angabe
Das ging ins Auge: Wenn sich Dart-„Sportler" aus Eifersucht duellieren, machen sie es nicht mit Colts, sondern mit ihren spitzen Pfeilen. (Kinder, bitte nicht nachmachen!) So geschehen mit dem abgehalfterten Dartprofi Eddie (Florian Lukas), genannt „Die Wespe", und seinem jungen Zögling Kevin (Leonard Scheicher). Eddies Ehe mit Manu (Lisa Wagner) war eigentlich immer Krise, wie sein ganzes Leben. Doch als der Schüler den Mentor in der Rangliste überholt und noch eine Affäre mit Manu startet, sieht Eddie erst rot und dann auf einem Auge nichts mehr. Aber der gebrochene Mann nimmt die Krise als Chance: Mit neuem Job und gepflegtem Look will er wieder Turniere gewinnen und Manu zurück.
Unvergessen, wie „Kingpin" (Regie: Bobby & Peter Farrelly) den Bowling-„Sport" 1996 zum Thema und gleichzeitig deftig lächerlich machte. Woody Harrelson spielte einen ehemaligen Star der Szene mit Handprothese. Nun wird in der Comedyserie „Die Wespe" der Dart-„Sport" lächerlich gemacht. Wer sich mal auf der Fernbedienung vertippt hat und bei einer Dart-Sendung landete, weiß, dass es dazu nicht viel braucht. Doch Regisseurin Hermine Huntgeburth („Neue Vahr Süd", „Männertreu", „Lindenberg! Mach Dein Ding") macht aus dem Buch von Jan Berger („Der Medicus", „Ich war noch niemals in New York") einen toll auf schäbig stilisierten Spaß.
„Die Wespe" fängt zwar mit edlem Billard an, man könnte Paul Newman, Tom Cruise und „Die Farbe des Geldes" erwarten. Doch der Tisch wird links liegen gelassen, damit Eddie und Kevin an der Dart-Scheibe ein paar Angeber abzocken können. Florian Lukas („Good Bye Lenin!", „Der Überläufer") gibt eine herrliche Mini-Version der dickbäuchigen Dart-Stars vom Sportsender: Mit Wampe und Kippe in der Hand sowie Trainingsanzügen, die nie cool waren oder werden. In der Garage, die als Trainingsplatz dient, sind selbst die Pokale rauchvergilbt. Die Musik klingt dementsprechend aus der Mode und ist nie zur Glorifizierung tauglich. Die ganze Szene besteht aus verkrachten Existenzen in schäbigen Hotels.
Noch besser als Lukas ist Ulrich „Sams" Noethen („Comedian Harmonists", „Deutschstunde"), grandios mit Tattoos und Goldkettchen. Er gibt Eddies ehemaligen Kumpel Nobbe, nun Alkoholiker. Der nimmt ihn in seine winzige Laube auf und wird trocken, um Eddie wieder fit zu machen. „Leben ohne Dart ist sinnlos", sind sie sich einig. Tatsächlich klingt bei den Trainings-Einheiten der beiden kaputten Typen „Eye of the tiger" aus den „Rocky"-Filmen an. Da ist „Die Wespe" fast so fies wie der Farrellys „Kingpin". Doch mit Nobbe gewinnt die Farce auch ein ganzes Stück menschelnde Substanz. Das erste Turnier von Eddies Comeback findet mit dem trockenen Alkoholiker ausgerechnet in einer Brauerei statt und geht mächtig schief. Der Kampf gegen den fatalen ersten Schluck beginnt bei Noethen albern und endet herzzerreißend tragisch.
Und auch in den Kulissen kann der unterhaltsame Spaß über Sportler, die in Wirklichkeit keinen Sport machen, auftrumpfen: Berlin liefert einige heruntergekommene architektonische Highlights wie den „Mäusebunker", das brutalistische Tierversuchslabor der FU-Berlin. Dazu in Erinnerung an die Ballhaus-Innovationen von „Farbe des Geldes" auch ein Kameratrick, wenn im Finale die Dart-Scheibe durchsichtig wird.
„Die Wespe" ist ab 3. Dezember als komplette Staffel auf dem Streamingdienst Sky Ticket und über Sky Q auf Abruf verfügbar und wird immer freitags ab 20.15 Uhr in Doppelfolgen auf Sky One ausgestrahlt.