21.10.20

Kajillionaire


USA 2019 Regie: Miranda July, mit Evan Rachel Wood, Gina Rodriguez, Richard Jenkins, Debra Winger 105 Min.

Miranda July ist eine bekannte Performance- und Konzept-Künstlerin mit (auch) aktuellen feministischen Positionen. Nach ihren ersten beiden Filmen („Ich und du und alle, die wir kennen", 2005; „The Future", 2011) ist die schräge „Familien"- und Schwindler-Komödie „Kajillionaire" schon fast konventionell: Eine sehr erwachsene Tochter entflieht in skurrilen Szenen den Fängen ihrer Trickbetrüger-Eltern.

Wenn die 26-jährige Old Dolio (Evan Rachel Wood) mit absurd verdrehten „Silly Walks" wie bei Monty Python am Zaun des Vermieters vorbeikriechen, um in ihrer Wohnung den Schaum des Tages aus der Wand einzufangen, dann ist das Kunst-Installation, Absurdes Theater, Surrealismus, ziemlich schräg und vor allem komisch. Die Eltern, die Trickbetrüger Theresa (kaum zu erkennen: Debra Winger) und Robert (Richard Jenkins) sind jede Minute dabei, etwas zu ergaunern, Coupons auszunutzen und mit kleinen Betrügereien ein paar Dollar zu machen. Hemmungslos setzen sie dabei ihre einzige Tochter ein. Diese abstruse Familienaufstellung wird zum Märchen, als die drei auf die einfältige Verkäuferin Melanie (Gina Rodriguez) treffen. Diese wirkt irritierend „normal", nimmt aber zu gerne die Tochter-Rolle an, worauf Old Dolio aus dem Familien-Gefängnis ausbricht.

Schon die Schlabber-Klamotten in „Kajillionaire", die Lycra-Tennisanzüge von Evan Rachel Wood, sind einen Oscar wert: Diese im doppelten Sinne komische Familie könnte vom extrem unmodischen Look her auch obdachslos sein, aber sie scheinen sich alle regelmäßig waschen zu können. Wie Geister schlurfen sie durch die Geschichte, süchtig danach, einen Coupon oder eine freundliche Einladung einer alten Dame zu Geld zu machen. Dazu ist Robert auch noch ein Aluhut mit Verfolgungswahn. Allerdings wirken in Miranda Julys Filmen die „normalen Leute" noch irritierender. Das erinnert in der philosophischen Skurrilität teilweise an die Filme von Charlie Kaufman („Anomalisa", „Adaption", „Synecdoche, New York") und Michel Gondry („Eternal sunshine of a spotless mind", „Science of Sleep", „Der Schaum der Tage"). Doch die seltsame Emanzipation von einer seltsamen Familie in „Kajillionaire" entwickelt sich zu einer sehr ungewöhnlichen Liebes- und Emanzipationsgeschichte. Da schält sich dann aus all den surrealen Momenten mit nicht normalen Figuren eine berührende Liebegeschichte in einem fast klassischen Heist-Film heraus.