26.11.13

Tore tanzt

BRD 2013 Regie: Katrin Gebbe mit Julius Feldmeier, Sascha Alexander Gersak, Annika Kuhl, Swantje Kohlhof 106 Min. FSK: ab 16

Er ist ein „Jesus-Freak", dieser naive, blonde Jüngling und Hänfling Tore. Er und seine Freunde können scheinbar sogar störrische Autos zum Starten bringen. Aber als es sein Kumpel mit der Keuschheit überhaupt nicht ernst nimmt, landet Tore in einer Gartenkolonie bei Benno. Das ruppige Oberhaupt einer ungewöhnlichen Patchwork-Familie zeigt sich zuerst offen und jovial, dann entpuppt er sich Tyrann, Schläger und Vergewaltiger. Als Tore bei den ersten Anzeichen helfen oder aufbegehren will, bekommt er wieder seine epileptischen Anfälle. Trotzdem kehrt die männliche Jungfrau mit ihrem Glauben an Gottes Hilfe immer wieder zu den sadistischen Folterern zurück. Auch wegen der zwei Kinder, vor allem wegen dem Mädchen, das er liebt. Aber die könnte auch ein Anruf bei der Polizei retten. So wird Tore dann noch in einem Schwulen-Puff vergewaltigt, was der Familie einen neuen Flatscreen einbringt. Mit dem ihm Benno wiederum brutalst zusammenschlägt, bevor sich auch die Frauen gewaltsam und sexuell an ihm vergehen.

Das Debüt der jungen Hamburgerin Katrin Gebbe bekam als einziger „reindeutscher" Starter überhaupt in Cannes viel zu viel Aufmerksamkeit, denn „Tore tanzt" gehört als Hardcore-Low-Budget mit seiner unausgegorenen Konfrontation eines naiven jungen „Jesus Freaks" und der Gewalt eines Familien-Tyrannen nicht auf ein großes Festival. Im Kinoalltag kann man ein paar interessante Ansätze erkennen und den kompromisslosen Ansatz der Regisseurin würdigen.

„Tore tanzt" erzählt eine heftige, harte Geschichte mit der Einschlagskraft belgischer oder österreichischer Gewalt-Filme. Als dramaturgischer Berater war Matthias Glasner dabei! Dessen „Der freie Wille" wirkt denn auch verwandt im Ausloten extremen menschlichen Verhaltens. Wie Tore vor der Hütte im Zelt campt, zur Familie gehören will, aber von Benno Vater nur ausgenutzt und manipuliert wird, soll auch dann eine Konfrontation altmodischen Glaubens und friedfertigen Leben mit der Gewalt werden. Denn Benno ist ein gewalttätiger und cholerischer Familienvater, der seine Tochter vergewaltigt. Zwar provoziert die schwer erträgliche Opferhaltung des Jungen mit dem Engelhaar, doch weiter kommt der Film nicht. Viel Gewalt um nicht viel.