USA 2013 (Captain Phillips) Regie: Paul Greengrass mit Tom Hanks, Barkhad Abdi, Barkhad Abdirahman 128 Min. FSK: ab 12
Nach seinem nicht immer glücklichen Chargieren zwischen Action und Politthriller bei der „Bourne Verschwörung", bei dem britisch-irischen Massaker „Bloody Sunday", dem 9/11 „Flug 93" und der Irak-Depression „Green Zone" zeigt Paul Greengrass in dem neuen, untypischen Thriller „Captain Phillips" mehr oder weniger zwei Wege zur Arbeit in den USA und in Somalia. Tom Hanks glänzt dabei als edler Mensch in rauen Zeiten.
Der Arbeitsweg von Captain Philips (Tom Hanks) wird sehr unspektakulär gezeigt. Fast dokumentarischen nüchtern verabschiedet er sich von seiner Frau, fliegt in den Oman und begutachtet sein neues Schiff. Das ergibt eine gewisse Fallhöhe, oder genauer gesagt eine Aufstiegstiefe für den späteren Helden. In Somalia hingegen ist direkt eine Spannung spürbar. Die Spannung von Armut und gewaltsamen gesellschaftlichen Verhältnissen. Zu sehen sind Schnellfeuerwaffen und ängstliche Blicke. Denn hier sorgt man sich, den Job als Pirat auch wirklich zu bekommen. Sehr geschickt bleiben die Bewertungen zurückhaltend. Der Kapitän wirkt eher langweilig, der kalte Abschied von seiner Frau nicht besonders sympathisch. Um den Somalier Muse (Barkhad Abdi) sorgen wir uns wesentlich mehr.
Da „Captain Phillips" auf die Erinnerungen ebendieses Kapitäns an seine Entführung vor der Küste Somalias („A Captain's Duty: Somali Pirates, Navy SEALS, and Dangerous Days at Sea")
basiert, werden sich die Arbeitswege kreuzen. Wie ein Beamter kontrolliert Richard Phillips sorgfältig das Schiff und ordnet verstärkte Sicherheitsmaßnahmen an. Sein Frachter „Maersk Alabama" schippert kurz durch ruhige Gewässer, dann wird es schnell sehr spannend, als ihm zwei Punkte auf dem Radar folgen.
Mit raffinierten Tricks versucht Phillips sie abzuhängen, er erzeugt höhere Wellen, reizt die Motoren bis zum Äußersten. Weiterhin werden die beiden Männer parallel beobachtet. Ihre Blicke begegnen sich über Ferngläser, ein klassisches Duell beginnt. Schließlich muss sich die Besatzung aber mit Wasserkanonen gegen Maschinengewehre wehren. Man kann wohl erstaunlich einfach mit einem gut motorisierten Kahn ein Riesenschiff entern. Es beginnt ein lebensgefährliches Versteckspiel zwischen den Seeleuten, die ihr Schiff viel besser kennen und den ehemaligen Fischern, denen die Meere leergeschleppt wurden und denen jetzt anscheinend nur die Piraterie bleibt.
Falls Tom Hanks nun einen einfachen Gut-Menschen spielte, der über sein eigenes Martyrium per Buch berichtete, könnte es langweilig werden. Doch er zeigt Phillips glaubwürdig als einen, der verzweifelt um Verständnis und Ausgleich ringt. Verzweifelt und vergeblich angesichts einer irgendwann anrückenden Kavallerie zu Wasser und aus der Luft. Ein eindrucksvoller Hightech-Einsatz beginnt gegen vier wirre, verletzte Khat-Junkies, die in einem Rettungsboot treiben. Mit Captain Phillips als letzter Geisel...
Nicht die Action sondern gerade die Nicht-Action macht diesen intensiven, in jeder Minute perfekt inszenierten Film sehenswert. Es geht um die beteiligten Menschen und die Suche nach Verständigung. Erfreulicherweise sprechen die Somalier ihre eigene, in Untertiteln übersetzte Sprache und kein verbogenes Englisch. Muse wird der Gegenpart von Phillips, wird von diesem auch Captain genannt. Den Ausgleich verhindert immer wieder ein aggressiverer Pirat, angestachelt von interner Rivalität. Doch in Erinnerung bleibt vor allem ein verzweifelter Mensch, der an Ordnung glaubte, der Gutes wollte und seinen kleinen Teil dafür tat, sein Aufschrei angesichts der Scheiterns, angesichts der Gewalt.