Österreich 2011 (Michael) Regie: Markus Schleinzer mit Michael Fuith, David Rauchenberger, Christine Kain, Ursula Strauss 96 Min. FSK ab 16
„Michael", das Spielfilmdebüt des 39-jährigen österreichischen Schauspielers Markus Schleinzer, ist die Geschichte eines Pädophilen, der einen zehnjährigen Jungen im Keller gefangen hält. Michael ist dabei nicht das Opfer, sondern der Täter. Abgesehen von dieser problematischen Perspektive erschrickt beim nachträglichen Nachdenken, wie wenig der sehr nüchterne Film erschreckt hat. Schwer erträgliche Szenen bleiben nicht aus, auch wenn die säuberlich in der Kladde notierten Vergewaltigungen nicht gezeigt werden. Auch die Selbstverständlichkeit, wie er sich ein „neues" Kind holen will, weil das alte krank wird, ist unfassbar. Die Banalität des Kinderschändens eines Versicherungs-Kaufmannes zeigt sich als Tristesse eines unreifen Menschen, der missbraucht, wie er Weihnachten feiert oder fernsieht. Zu Recht meint Schleinzer, „eine Gesellschaft kann nur so weit entwickelt sein, wie sie auch in der Lage ist, sich mit ihren Tätern auseinanderzusetzen." Ob seine nüchterne, kühle Auseinandersetzung allerdings weiter führt, ist fraglich. Am Ende entledigt sich der Film zu einfach seines Täters und es bleibt nur Bangen um die Rettung des Kindes. Regisseur Schleinzer hat bewusst keine reale Geschichte verarbeitet und „wollte den Stoff aus den Griff des Boulevard befreien". Hört sich besser an, als der Film ist, der im Wettbewerb von Cannes deplatziert war. Ebenso wirft der am Wochenende verliehene, selbst in der Jury umstrittene Max Ophüls Preis für „Michael" ein seltsames Licht auf die deutschsprachigen Nachwuchsfilme, die in Saarbrücken eigentlich prämiert werden sollten.