BRD 2011 Regie: Jan Rehwinkel, Axel Schumann 40 Min.
Es ist das elementare Problem jedes Textes über Kunst, also auch über Film - im Moment der Beschreibung wird aus dem Einen etwas ganz Anderes. Man kann es "umschreiben", "beschreiben", aber niemals wiedergeben. Im schlimmsten Fall stellt sich das „Widergeben" gegen das ursprüngliche Kunstwerk. Die Regisseure Jan Rehwinkel und Axel Schuhmann („Die versunkene Stadt", 2003) nähern sich diesem Moment zwischen Kunst und Sprache an. Kreative aus verschiedenen Bereichen äußern sich über das Unsagbare. Der herrlich launige Weinhändler Fritz Köhne beschreibt die Mühen, „lecker" in Begriffe zu fassen. Der „Auszug aus dem Paradies" findet statt, wenn Sinnliches durch „die intellektuelle Mühle gedreht" wird. Denn „in eine Form fassen, heißt alles andere ausgrenzen"! Im Off und den Erläuterungen der Literaturwissenschaftlerin Leyla Haferkamp wird der Mythos Frankenstein als Tragödie des Monsters geschildert, die mit dem Eintritt in die Sprache beginnt. Währenddessen schreitet eine - auch mal mit einem „F" markierte - Figur in den mysteriösen Animationen von Jan Rehwinkel vor flackendem Hintergrund quer übers Bild, oder genauer, mitten im Bild, ohne voran zu kommen.
Frankensteins moderne Verwandte sind die Roboter des flämische Wissenschaftlers Luc Steels, den in einem Labor von Sony interessiert, wie Roboter eine Sprache erfinden. Entsteht in ihrem „selbständigen" Handeln vor dem Spiegel sogar ein Selbstbewusstsein? Der Schriftsteller Jürgen Ploog erklärt, man meine nur, dass man sich versteht, während die Bilder von Rehwinkel/Schumann zahllose sinnliche Varianten des Begriffes „Baum" präsentieren. Eine originelle Animation auf Basis von Realfilm zeigt, was sich hinter dem Namen „VW Bulli" alles verbergen kann. Wir sehen, Sprache kann nur scheitern, doch die Versuche der klug ausgewählten Protagonisten sind vom Feinsten, ein intellektueller wie sinnlicher Genuss. Die komplexe Fragestellung bleibt spannend, wird durch die Menschen vor der Kamera griffig und sogar witzig. Der Pianist Lars Vogt nähert sich im konzertanten E-Werk von Heimbach der scheinbaren Naturkonstanten an, dass Tonhöhen eine bestimmte Richtung von Bildern evozieren. Musik sei sehr viel deutlicher als Sprache, Beispiel: Schuberts „Winterreise". Hier versteht man die eigentliche Verzweiflung im Faseln der Musikkritiker, in der blumigen Sprache der „Weinkenner". Fritz Köhne kostet es aus: Rot ist nicht gleich rot. Und: auf der Wiese ist Grün ein ganzer Kosmos, so der Maler René Faber. Sein „reines Sehen" erfassen Worte nicht. So ist auch „Das verlorene Paradies" ein Film, der unbeschreibbar bleibt, der sich ganz nur im ursprünglichen Sehen und Hören entfaltet.