USA 2011 (Moneyball) Regie: Bennett Miller mit Brad Pitt, Jonah Hill, Ken Medlock, Philip Seymour Hoffman 133 Min.
Ist Brat Pitt so gut, dass man sich wegen ihm einen Film über Baseball, diesen Sport mit den unverständlichen Regeln, anschauen will? „Moneyball" behandelt eine spezielle Fußnote neuerer us-amerikanischer Sportgeschichte, die überraschende Siegesserie der „Underdogs" Oakland Athletics im Jahre 2002.
Manager Billie Beane (Brad Pitt) verliert in den Playoffs der Saison 2001 und auch noch seine drei besten Spieler an die wesentlich besser ausgestattete Konkurrenz. Der Ex-Spieler macht aus dem Problem die Lösung: Er engagiert Peter Brand (Jonah Hill), einen nerdigen Wirtschafts-Wissenschaftler, der sich darauf spezialisiert hat, mit mathematischer Hilfe Spieler zu finden, die unter Wert gehandelt werden. Das ist im Film so trocken, wie es klingt. Pitt braucht nur nachdenklich zu schauen, während ein preiswerter Pitcher analysiert wird. Erst als Beane den alten, verknöcherten Scouts des Vereins knapp und unumstößlich erklärt, dass sie nichts mehr zu sagen haben und ganz andere Leute gekauft werden, macht Pitt Spaß.
Doch wie der Manager sein Team überrascht, indem er mal alles anders macht, so liefert Regisseur Bennett Miller („Capote") statt dem Sportfilm ein Menschenfilm ab. „Moneyball" hat erfreulich wenige Spielszenen und die laufen nur als eingeblendete Originalaufnahmen. Der Film selbst führt keine großen, lokalpatriotischen Reden, sondern das nachdenkliche, fast private Gespräch. Die übliche Sportfilm-Spannung gibt es nur im letzten Spiel und auch das wird raffiniert mit einer ungewöhnlichen Tonspur akzentuiert: Während das Stadion explodiert, ist es völlig still um Billie, der sich tief in den Katakomben versteckt. Denn nach seiner eigenen, nicht besonders erfolgreichen Spieler-Karriere ist der Manager so versessen auf Erfolg, dass er sich kein Spiel persönlich ansieht.
Wenn man schaut, wer das geschrieben hat, ist es eigentlich nicht mehr so überraschend: Die Steilvorlage von Buchautor Michael Lewis („Moneyball: The Art of Winning an Unfair Game") wandelten die Oscar-Sieger Steven Zaillian („Schindlers Liste") und Aaron Sorkin („The Social Network") in ein konzentriertes und kluges Drehbuch um. Vor allem Zaillians Filmografie liest sich wie eine Hitliste, allein im letzten Jahrzehnt schrieb er „Verblendung", „American Gangster", „Die Dolmetscherin", „Gangs of New York" und „Hannibal"!
So erzählt „Moneyball" fast als Fortsetzung des „Facebook-Films" von Pionieren, von Revoluzzern, die sich den Kopf einrennen. Einen melancholischen Ton bringt Beanes Privatleben, seine zwölfjährige Tochter, die er ab und zu bei der Mutter abholen darf, sowie Rückblenden zu seiner eigenen Karriere. Das Heuern und Feuern von Sportlern und anderen Idolen zeigt sich hier als zynischer Menschenhandel, als Variable einer mathematischen Formel. Schauspieler werden übrigens gerne auch nach ihrem Box Office-Value eingesetzt. „Moneyball" überzeugt hier künstlerisch durch eine satt gute Ausstattung in den Nebenrollen: Der selbst im Spiel eines tumben Trainers exzellente Philip Seymour Hoffman war schon Millers Hauptdarsteller in „Capote". Robin Wright taucht wieder - wie in der Verschwendungs-„Verblendung" - als Ex am Rande auf. Im Zentrum bleibt die Figur von Billie Beane, der nach einem realen Vorbild geformt wurde: Der Film kommt, nachdem der Sport erledigt ist, in seinem Epilog noch mal ganz groß auf ihn zurück. Die Tochter singt auf einer Cassette „Papa, du bist ein Verlierer" und nicht nur deswegen erweist sich „Moneyball" als ausnahmsweise sehenswerter US-Sportfilm.