Belgien, Niederlande 2011 (Rundskop) Regie: Michaël R. Roskam mit Matthias Schoenaerts, Jeroen Perceval, Jeanne Dandoy, Barbara Sarafian 129 Min. FSK ab 16
Der Kummer von Flandern, Teil 1
Der belgische Oscar-Kandidat ist ein moderner Heimatfilm: So flämisch, dass es niederländische Untertitel braucht. So dunkel, dass man gerne pharmazeutische Aufheller hätte. Wenn man nicht danach nie wieder was von illegalen Mitteln wallonischer Apotheker wissen will. „Bullhead" erzählt von der Hormon-Mafia in Belgisch-Limburg, die zu neugierige Polizisten umbringt. Und von Jacky Vanmarsenille (Matthias Schoenaerts), einem Bauern, der mittendrin steckt. Als dessen Limburger Gang Kontakte mit ähnlich gelagerten Kriminellen aus Ost-Flandern aufnimmt, treffen sich zwei alte Bekannte mit besonders düsterer Vergangenheit. Was vor zwanzig Jahren passierte, zeigt eine Rückblende und stellt Belgien in Erinnerung an Dutroux und die „Bende van Nijvel" wieder als Brutalistan dar. Ein extrem brutaler flämisch-wallonischer Kinderkrieg an der Sprachgrenze zerschmettert ein Leben und führt zu einem unlösbaren Zwiespalt zwischen Rache und Leidenschaft.
Die Helden in „Bullhead" sind Tiere, die Tiere sind Opfer. Irgendwie bekommen sie die gleichen Wachstumshormone, was wohl auch ihre Intelligenz nivelliert. Das könnte komisch werden, ist aber tragisch ernst. Auch weil das flämische Drama auf beeindruckende Weise Krimi und persönliches Drama verknüpft. Da gibt es Zeitlupen im Leone-Stil bei großen Momenten, depperte Autodiebe aus Lüttich für ein wenig „comic relief", eine Steilvorlage für alle, die gerne Gotteslästerung rufen, und in einem magischen Geburtsmoment sogar etwas vom Flandern des Bruno Dumont. So ist „Bullhead" verständlicherweise seit seiner Premiere in Cannes 2010 im Gespräch - auch als heißer Oscar-Kandidat.