Er hatte seine Mutter nie gesehen. Nun liegt sie in der Kälte eines Berliner Krankenhauses und im Koma vor ihm. Der Teenager Manuel (Kai Hillebrand) wuchs mit seinem deutschen Vater Tarso (Ralph Herforth) in Portugal auf und kam mit diesem nur widerwillig in den kühlen Norden. Das distanzierte Verhältnis zum Vater, die Verlorenheit in einer fremden Stadt und die Überforderung angesichts der Todesnähe eines unbekannten Körpers machen den Jungen noch verschlossener. Dass der mit Schlaflosigkeit kämpfende Tarso jeden Abend vor einem Sportsender auf der Couch dahindämmert, befördert die Kommunikation der beiden Männer auch nicht sehr. In Portugal hatte Manuel bereits eine eigene Wohnung, bekam väterlichen Vertrauensvorschuss und finanzielle Förderung für ein künstlerisches Projekt, von dem er nicht erzählen will. Nun hocken beide zusammen in der Wohnung der Mutter. Deren mysteriöse Freundin Kim, eine Stewardess, ist so gut wie nie zu sehen. Dafür im Zimmer geheimnisvolle, sexuelle Accessoires wie Masken und Latex-Anzüge. Sexualität erscheint ebenso wie die Stadt ein fremdes Territorium zu sein. Mehr als Ventil denn als Attitüde lässt sich so auch die HipHop-Szene verstehen, zu der es Manuel zieht. An das nächtliche Skaten, Sprayen und den deutschen Rap kann der entwurzelte und haltlose Junge aus Lisabon andocken
Eine Spray-Aktion führt zur Verhaftung. Tarso muss dem Polizisten eine unkonventionelle familiäre und staatsbürgerliche Situation erklären. Gleichzeitig soll eine esoterisch angehauchte Akupressur Petra (Maria Schuster), die von der konventionellen Medizin aufgegeben wurde, noch erreichen. Und auch Manuel sucht über körperlichen Kontakt Nähe zur fremden Mutter, was heftige Reaktionen hervorruft.
„Swans", der das diesjährige Forum der Berlinale eröffnete, ist ein atmosphärisch kühler, aber auch starker Film über Männer und ihre blockierte Körperlichkeit. Nieman(n)d kann hier seine Gefühle einfach ausdrücken oder Nähe zeigen. „Be tough" steht auf dem Hoodie, dem Kapuzenpullover von Manuel. Der Winter in der Stadt verstärkt das unwirtliche Empfinden. Das plötzliche Koma einer Freundin und die Schwierigkeiten mit diesem Zustand umzugehen, inspirierten Hugo Vieira da Silva ebenso zu diesem Film, wie die Eindrücke beim ersten Berlin-Aufenthalt des Portugiesen. Der körperliche Kontakt zu einem nach medizinischen Kriterien empfindungslosen Wesen verwirrte den Regisseur nachhaltig.