26.7.11

Nichts zu verzollen

Frankreich 2010 (Rien à déclarer) Regie: Dany Boon mit Benoît Poelvoorde, Dany Boon, Julie Bernard 108 Min. FSK ab 12

Grenzwertiger Humor, der die Geschmackskontrolle umgeht? Keine Spur! Auf dem Weg zu Weltfrieden wanderte Dany Boon von den „Sch'tis" der nordfranzösischen Küste landeinwärts und trifft auf den dickköpfigen Stamm der Belgonen. Die gelungene und in Frankreich wieder enorm erfolgreiche Komödie vereinigt diesmal nicht nur entfernte Dialekte des geliebten Frankreichs, sie pazifiert gleich zwei französische Länder (wir einverleiben gleich mal das benachbarte wallonische Belgien). Ab hier befinden wir uns auf gefährlichem Territorium, so wie der französische Grenzer, der den wallonischen „Dialekt" nachäfft und sich der Wut des belgischen Rassisten Vandevoorde (Benoit Poelvoorde) aussetzt, der all die Camemberts sowieso hasst. Wenn jetzt noch der liebe, harmlose Franzose (Dany Boon) in Zoll-Uniform die Schwester des rassistischen Kollegen auf der anderen Seite der Grenze liebt, ist die Melange aus „Willkommen bei den Frittenfressern" und „Romeo und Julia auf dem Grenzdorfe" komplett.

Der gemütliche belgische Grenzbeamte Bruno Vanuxem (Bouli Lanners) trinkt nicht im Dienst - nur ein Bierchen, das zählt ja nicht! Willkommen bei den Zöllnern von Courquain/Koorkin. Dass sich draußen vor dem Schlagbaum ein ellenlanger Stau bildet, liegt hingegen an Vanuxems pedantischen Kollegen Ruben Vandevoorde, der vor allem verhindern will, dass die verhassten Franzosen in das wunderbarste Land der Welt eindringen. Dazu versetzt er nächtens auch schon mal ein paar Grenzpfähle mitten im Acker und lässt sich nicht von seinem klügeren Sohnemann irritieren, dem auffällt, dass eine Vorstellung vom schönsten Sternenhimmel über Belgien nicht mit dem aktuellen Weltbild einer sich drehenden Erdkugel übereinstimmt. Der extreme Nationalist Vandevoorde wirft ständig mit Beleidigungen um sich und zückt schnell seine Pistole - selbst gegen die französischen Kollegen, mit denen er in einer Dauerfehde liegt. Ansonsten ist er ein netter Kerl.

Die Katastrophe für alle Beteiligten lautet Schengen. Ein Aufschrei hallt ins Universum, als bekannt wird, dass in Europa am 1.1.1983 die Schlagbäume fallen sollen. Nicht nur drohen die Grenzer ihren Job zu verlieren, der bei vielen auch tiefes, persönliches Bedürfnis war. Vandevoorde muss stattdessen sogar mit einem französischen Kollegen am Experiment einer mobilen Einheit teilnehmen. „Mobil" ist dabei allerdings aus finanziellem Mangel weder der klapprige R4 noch das Telefon ohne Kabel, das die Größe eines Briketts aber nie Empfang hat. Die Vorstellung, freiwillig mit dem rassistischen Choleriker in einem Boot oder Auto zu sitzen, löst bei den französischen Zöllnern einen Lachanfall aus. Nur Mathias Ducatel (Dany Boon) meldet sich tatsächlich. Seit einem Jahr ist er heimlich mit Vandevoordes Schwester Louise (Julie Bernard) zusammen und schmeichelt sich nun mit kleinen Lügen beim schwierigen Schwager ein. Mit einigem Erfolg. Doch als die Wahrheit herauskommt, blickt Mathias in den Lauf einer belgischen Dienstpistole...

Dany Boons „Nichts zu verzollen" ist vor allem eine Typenkomödie, die mit einem selten dämlichen Wirt und einem unfassbar bescheuerten Schmuggler auch die nötige Dosis Klamauk enthält. Des Erfolgsregisseurs lachende Lehrstunde in Sachen Rassismus tut niemandem weh. Die Vorurteile sind sehr allgemein gehalten - trotz allem Engagement, das der mit Poelvoorde genial besetzte Vandevoorde in seine frankophoben Tiraden legt. Wie schon bei den „Sch'tis" ist dieser Humor Geschmackssache und nicht mal mit Untertiteln übersetzbar. So vergröbert die deutsche Synchronisation den Spaß noch mehr. Boon kann bei seiner Aufgabe, sich über kleine Unterschiede lustig zu machen und Verschiedenheit zu vereinigen, zumindest wieder einen Kassen-Erfolg verbuchen.