Es ist vollbracht: Der gigantische Potter-Wal der Kinder- und Jugend-Literatur hat sein friedliches Ende gefunden, driftet ab ins Privatleben, wo er unbehelligt von den Millionen Fans weiterleben kann. Vorerst. Denn eine digitale Fortsetzung der Gelddruckmaschine „HP", zu der Autorin J.K. Rowling nie mehr etwas schreiben wollte, deutet sich bereits an. Doch dieses Phänomen beschreiben zu wollen, wäre Eulen nach Hogwarts tragen. Deshalb hier ausnahmsweise Warentest statt Werkkritik, die nüchterne Bestandsaufnahme eines langen, effektreichen zweiten Teils des letzten Teils von einem Kritiker-Muggel.
Während der erste Teil von „Harry Potter und die Heiligtümer des Todes" die reichlich genommene Zeit überraschenderweise den Figuren Harry, Hermine und Ron widmete, verschleudert der achte Film der zehnjährigen Kino-Serie seine Mittel für eindrucksvolle Effekte und mit dem Zauberstab fuchtelnde Action. Schnell wird die Jagd auf die restlichen Horkruxe fortgesetzt, um Lord Voldemort vernichten zu können, derweil dieser mit seinen Heerscharen das Zauberinternat Hogwarts belagert. Es ist die Phase des Krieges in der Geschichte einer düsteren Diktatur, wobei ein geschwächter Voldemort durchaus das belegte Wort „Endkampf" nahelegt. Die Figur ist kaum noch dämonisch, wodurch ihr Darsteller Ralph Fiennes Raum bekommt, endlich eindrucksvoll zu spielen. Viele „bekannte und liebgewonnene Figuren" (O-Text Werbung) tauchen wieder auf, einige rafft die Handlung gleich wieder dahin. Nicht nur Voldemort geht im apokalyptischen Kampf über Leichen, die Handlung versammelt ein erschreckend wirken wollendes Lazarett aus Verwundeten und Verschiedenen.
Auch die gealterten gefeierten Schauspieler beziehungsweise Figuren Daniel Radcliffe (Harry Potter), Rupert Grint (Ron Weasley), Emma Watson (Hermione Granger) könnten kaum einen Film tragen. In ihrem Rennen und Fuchteln kommen leider auch die wirklichen Stars zwischen Todessern, Dementoren, Riesen, Elfen, Drachen und Schlangen zu kurz. Zu den besten Szenen gehört das nun enthüllte Lebens-Drama verschiedenen Schattenseiten von Severus Shape (Alan Rickman) im Gegensatz zur Wahrheit über Dumbledore, der sich als fieser Strippenzieher erweist. Wahrscheinlich, damit ihn nicht alle immer mit Gandalf, dem Grauen verwechseln.
Beginnend mit dem Action-Auftakt in einer Bad Elfenbank mit rasanter Achterbahnfahrt funktioniert das 3D gut, vor allem für die Kinokasse - ein wirklicher Qualitäts- oder narrativer Gewinn ist nicht zu verzeichnen. Zu den großen Abwesenden im Düster-Finale gehören auch Spiel und Spaß. Kaum ein Scherz kommt über die Lippen des todgeweihten Harry, dafür darf der unscheinbare, aber sympathische Verlierertyp Neville Longbottom die klassische Rede halten. Zu weit, so unoriginell. Trotzdem ist „HP 8" als kurzweilige Unterhaltung durchaus gelungen. Die Inszenierung von David Yates setzt für den Schlusspurt noch mal Energien frei, alle geben richtig Gas. Zwischendurch findet jeder Potter sein Deckel, was mit zwei Küssen flott und unromantisch abgehandelt wird. Denn schnell muss wieder mit den vereinzelten und verkrüppelten Sushi-Stäbchen zu Zauber-Latein in extremis rumgewedelt werden. Der Muggel fragt sich öfter, weshalb jetzt wieder kreischend rumgerannt wird und kein entsprechender Spruch das Feuer löscht, doch mit dieser Logik sollte man gar nicht erst anfangen. Lieber die vielen digitalen Dinge bewundern, die zwar kein großes, aber zumindest ein überwältigendes Kino liefern.