5.1.10

Nord


Norwegen 2009 Regie: Rune Denstadt Langlo mit Anders Baasmo Christiansen, Kyrre Hellum, Marte Aunemo 78 Min.

Ein Stillleben mit Liftwärter. Bevor es gen „Nord“ abgeht in diesem Nord-Western zeigen schön klare, eingefrorene Bilder ein Verharren im Schnee. Der Liftwärter Jomar (Anders Baasmo Christiansen) liegt in der Liftstation herum, lässt Kunden für ihn Wasser holen und Kochen. Mit Joints und Tabletten gegen seine Angstzustände verschläft er die Zeit zwischen den Gesprächen in der Psychiatrie. Ansonsten redet der Film wie sein Protagonist nicht viel. Doch auch Jomar, der Angst vor Tunneln und vor Veränderungen hat, wird sich in Bewegung setzen. Vorher brennt noch seine Lift-Hütte ab, der rundliche Norweger rettet nur den Feuerlöscher und ein paar Klamotten.

Wohin fährst du? Nach Norden. So unerschütterlich wie das „Go West“ im amerikanischen Western ist hier das Ziel eingenordet. Der Nachfolger bei seiner ehemaligen Freundin erzählte, dass Jomar dort im Norden einen vierjährigen Sohn habe. Nun überwindet dieser seine Ängste und reitet dann mit seinem Schneemobil und einem Fünf-Liter-Kanister Alkohol raus in die Sonne. Was bald eine Schneeblindheit mit sich bringt. Die kuriert Jomar irgendwo im Nirgendwo in einer dunklen Kammer märchenhaft bei der einsamen jungen Lotte mit ihrer Großmutter aus. Mint-farbene Häuser und Brände pflastern seinen weiteren Weg mit den weiten Western-Bildern aus dem Hohen Norden. Die Begleitung besorgt stilecht eine Steel-Gitarre.

Schon die Begegnung mit dem alten Freund verlief alles andere als gewöhnlich. Die stillen Helden prügelten sich erst und umarmten sich dann. So werden auch alle anderen Treffen auf der Reise durch einsame Schneelandschaften besonders sein. Der „aus der Stadt“ findet ein paar Freunde auf dem Weg und sorgt immer wieder für Überraschungen. Unbedingt sehenswert ist dabei die sehr, sehr skurrile Methode eines ziemlich männerfixierten Schwulenhassers, mit ganz wenig Alkohol betrunken zu werden. Nur so viel sei verraten: Eine Tonsur und ein Tampon spielen dabei eine wichtige Rolle. Die Tage und Nächte mit einem weisen alten Lappen, der mit einer dicken Eisenkette um seinen Fuß auf einem zugefrorenen See zeltet, gehören hingegen in die Kategorie nachdenklich seltsam.

Es ist Frühjahr, als Jomar ankommt, und diese ebenso ungewöhnliche wie schöne Reise in den Norden lässt einen mit leichten Glücksgefühlen zurück. Die Klarheit der atemberaubenden Schneelandschaften und die zu erwartende Klärung im Leben eines chaotisch tapferen Helden hat man gern als Mitreisender erlebt.

Als Eröffnungsfilm des Panoramas der Berlinale 2009 wurde „Nord“ mit dem FIPRESCI-Preis ausgezeichnet und gewann auf der Filmkunstmesse Leipzig den Publikumspreis.