27.1.10

Sherlock Holmes


USA 2009 (Sherlock Holmes) Regie: Guy Ritchie mit Robert Downey Jr., Jude Law, Rachel McAdams 128 Min. FSK ab 12

Wen interessieren heute eigentlich noch Watson und Holmes, Dick und Doof oder Pünktchen und Anton? Genau! Die Geschichten des Sir Arthur Conan Doyle (1859 - 1930) mussten aufgepeppt werden und Guy Ritchie ist genau der richtige Kerl dafür. So erledigte der Brite nach Knallern wie „RocknRolla“, „Snatch“ und "Bube, Dame, König, grAs" diesen, seinen ersten Hollywood-Auftrag nicht unbedingt mit Bravour. Aber zumindest anständige Unterhaltung bleibt bei genauerer Untersuchung des Falles übrig.

Nach diesem neuen Holmes wundert man sich, dass der distinguierte englische Urvater aller Detektive auch im Nahkampf ziemlich fit war. Holmes als (Pfeifen-) Kettenraucher, der auch Morphium oder Koks zugeneigt war, überrascht Kenner der Kurzgeschichten und Romane nicht. So richtig klar macht dieser Film allerdings, dass Holmes mit seinen wissenschaftlichen Methoden auch Erfinder moderner TV-Krimis wie CSI ist.

Methoden, die er bei diesem Film-Fall auch notwendig braucht: Im letzten Moment können Sherlock Holmes (Robert Downey Jr.) mit seinem gar nicht so treuen Gehilfen Dr. Watson (Jude Law) die Opferung einer Jungfrau verhindern und den dämonischen Zeremonienmeister Lord Blackwood (Mark Strong) festnehmen. Der taucht jedoch nach seiner Hinrichtung wieder auf und scheint mit übernatürlichen Kräften im Bunde zu sein. Für den so aufgeklärten Aufklärer Holmes, der rein mit Verstand und Wissenschaft arbeitet, bedeutet ein obskures Rätsel eine besondere Herausforderung. Und es ist ein raffinierter Kniff, um die Zeichnung der verstaubten Figuren zu beleben. Vielleicht stellt es aber auch einen Kniefall vor einer Zeit dar, die Übernatürliches im Horrorfilm ebenso wieder akzeptiert wie Religionskriege.

Nach einem in Stil und Action rasanten Auftakt, der mit Zeitlupen und -raffern klar die Handschrift von Guy Ritchie trägt, purzelt die Handlung munter weiter. Holmes, der gar nicht mehr altehrwürdig daher kommt, landet sogar im Gefängnis. Robert Downey Jr. spielt ihn auf reizvolle Weise eher als Clown, der dem verrückten amerikanischen Detective Harry Lockhart aus „Kiss Kiss Bang Bang“ (2005) näher steht, als der historischen Holmes-Figur. Hier sind Holmes und Watson kaputte Gestalten, Helden, die eher verlebte Boheme als steife britische Intelligenz darstellen. Der im Original so klare Denker ist nun selbst dem Wahnsinn so nahe wie sein Gegner Blackwood. Dieser will als überdeutlich erkennbarer faschistischer Führer mit Aberglauben, Populismus und Okkultismus die demokratische Tradition Großbritanniens durch ein Tausendjähriges Reich ersetzen. Im Hintergrund stehen die Freimaurer, denen der Autor Arthur Conan Doyle selbst angehörte.

Ästhetisch dominieren mäßige Computer-Animationen des alten London. Sie ergeben ein dunkles Panorama einer „modernen“ Stadt, die gerade die Tower-Bridge baut. Mit der Musik (unüberhörbar und schwer erträglich: Hans Zimmer), die von so einer Geige kommt, mit der Holmes immer spielt, erlaubt sich der Film einige kunstvolle Seitenbewegungen, ein paar schöne Bild-Koloraturen. Allerdings bleiben solche erfrischenden Sperenzchen zu selten. Später geriet recht gewöhnlich, was da für das Action-Publikum abgeliefert wird. Das Finale verpufft völlig im Altbekannten. Dies ist sicher nicht der beste „Sherlock Holmes“ und nicht der beste Guy Ritchie-Film. Aber ziemlich genau die Version, die in unsere Kino-Zeit passt.