13.1.10
Thomas Jahn boxt sich durch
Die wechselhafte Karriere des unkaputtbaren Regisseurs aus Hückelhoven
Was wurde eigentlich aus .... dem Hückelhover Thomas Jahn. Der oft kolportierten Legende nach traf er zufällig auf Til Schweiger und die beiden machten zusammen einen Film. Mit „Knockin' on Heaven's Door“ legte Jahn 1997 einen der größten deutschen Kinoerfolge hin und beendete ein Zeitalter der Beziehungskomödien-Öde. Direkt schoss der filmversessene Regisseur mit „Kai Rabe gegen die Vatikankiller“ (1998) scharf gegen Schweiger aber keineswegs den Vogel ab: Die Geschichte wurde nun trotz modernster Werbekampagnen zu einem Riesenflop und keiner mehr wollte etwas mit Jahn zu tun haben. Der ließ sich nicht unterkriegen, verkündete begeistert, er würde seinen neuen Film zuhause am Mac-Rechner schneiden. Sehen konnte man den aber nicht im Kino. Die Karriere ging aber weiter, Jahn drehte weiter: Folgen von "Tatort", "Balko", "Sperling" und "Der Dicke".
Nun ist Jahn gleich mit zwei aktuellen DVDs am Start - die Power, die in jedem Gespräch mit dem leidenschaftlichen Regisseur rüberkommt, hat ihn nicht verlassen. Er boxte sich durch und machte endlich einen Boxerfilm, seinen „Rocky“: „The Boxer“ erzählt dem Genre entsprechend von Ben (Joshua Dallas) der gerade aus dem Knast kommt. In einem Boxstudio findet er einen Job, obwohl er doch nichts mehr mit Gewalt zu tun haben will. Aber das alte Boxtrainer Joe (Stacy Keach) erkennt das Talent und Ben bekommt eine neue Chance...
„The Boxer“ wurde als Low Budget-Film in nur zwölf Tagen englischsprachig in Berlin gedreht. Harte Bedingungen, denen sich Jahn stellt. Die Titel hat er wieder mit seinem Mac-Rechner selbst gemacht, wie vieles andere auch. Doch mit dem großen Stacy Keach und Leslie Malton erfüllt sich der Filmemacher auch Herzenswünsche.
Das alles erfährt man im Audio-Kommentar der DVD, der einem das Vergnügen bereitet, sich den anständigen Genre-Film zusammen mit dem unzerstörbaren Kinomann Thomas Jahn ansehen. Und diesem Geschichten-Erzähler kann man immer gut zuhören. Es gibt viele nette Details des Selfmade-Filmemachens und einer großen Leidenschaft für das Kino. Jahn meint immer noch, die Videothek um die Ecke sei die beste Filmhochschule. Er hat im letzten Jahr 900 Filme gesehen und schaut weiterhin zwei am Tag. Und wenn man sich so einen Audio-Kommentar anhört, hat man sich einige Lektionen der Filmhochschule gespart.
„The Boxer“ wurde wie auch „80 Minutes“ und (dem nach eigener Aussage unsäglichen) „The Lost Samaritan“ von der Kölner Zeitsprung gedreht. Es geht um die echte und die Filmzeit, die für Alex North (Gabriel Mann) abläuft: Er bekommt ein Gift injiziert, das ihn in 80 Minuten töten wird. Nur wenn er ein bestimmte Summe Geld ranschafft, erhält er das Gegengift. Diese Mischung aus Badhams „Nick of Time“ (mit Johnny Depp) und Tykwers „Lola rennt“ spielt wieder in Berlin und erneut mit den Regeln des Genres. Und irgendwie glaubt man langsam, wie schwer man es ihm auch macht, Thomas Jahn wird immer einen Ausweg finden.
The Boxer
USA 2009 Regie: Thomas Jahn mit Stacy Keach, Joshua Dallas, Kelly Adams, O'Shea Miles, Leslie Malton 90 Min.
80 Minutes / HMH
BRD 2008 Regie: Thomas Jahn mit Gabriel Mann, Natalia Avelon, Niki Greb, Francis Fulton-Smith 92 Min. FSK: ab 16