15.5.09
Vampire und andere Liebesgeschichten - Jane Campion, Park Chan-Wook
Jane Campion, die für „Das Piano“ als erste Frau eine Goldene Palme erhielt, kehrt sechs Jahre nach ihrem Jodie Foster-Thriller „In the Cut“ wieder auf die Leinwand zurück. In „Bright Star“ erzählt sie ruhig und intensiv von der kurzen, letzten Liebe des englischen Poeten John Keats mit einer jungen Nachbarin im Jahre 1818. „Bright Star“ ist auch der erst Kostümfilm von Campion nach „The Portrait of a Lady“ aus 1996 und die neuseeländische Regisseurin schwelgt in den Stoffen, den Farben, den Stimmungen. Es ist ein undramatisches Verhältnis der Kostümdesignerin Fanny Brawne und Campion gelingt es, ohne das übliche Drama, zwei Stunden lang zu fesseln. Dass Fanny den zu armen Poeten nicht heiraten konnte und dass Keats im Alter von 25 starb, muss reichen, um die Herzen zu rühren, während den Augen und Ohren immens geschmeichelt wird.
Ich bin ein Vampir und das ist ok!
Wenn der Koreaner Park Chan-Wook in die Werkzeugkiste greift, sollte man den Verbandskasten in der Nähe haben. Das war bei seiner Rache-Trilogie so, die 2003 mit „Old Boy“ mit der Goldenen Palme gekrönt wurde. Jetzt zeigt er nach der schrillen Fantasy-Blutorgie „I’m a Cyborg, but that’s ok“, wie ein Priester zum Vampir wird. Das geht blutig ab, klar! Aber auch wunderbar verdreht, mit Figuren, die mindestens zwei Gesichter haben und die man dann auch beide so noch nicht gesehen hat. Ausgerechnet, als sich Vater Sang-hyun in Afrika mit dem Emmanuel-Virus infizieren lässt, um ein Gegenmittel zu finden, wird er durch das Blut zum Vampir. Das sorgt wieder daheim in Korea für amouröse und skurrile Verwicklungen, die das Premierenpublikum begeisterten. Frisches Blut für das Weltkino aus Korea! Und schon nach diesen zwei Wettbewerbsfilmen fiele eine Entscheidung schwer.
Für einen doppelten Star-Auftritt sorgt die Französin Marina De Van in „Ne te retourne pas“: Sophie Morceau und Monica Bellucci verschmelzen in dem abstrusen Psycho-Stoff ganz real-digital miteinander, weil eine Frau auf der Suche nach ihrer verlorenen Kindheit ist. Dabei verformen sich Gesichter und Knochen wie im Horrorfilm. Früher hätte man (frau) gespielt, wie schmerzlich die Suche nach dem verlorenen Kind in einem ist. Jetzt wird getrickst und es ist zum Weglaufen.
Und dass noch so viele lächeln und sich weigern, den Tunnelblick anzulegen, liegt nicht daran, dass wegen irgendeiner Krise weniger Besucher da wären. Hier pflegt sowieso jeder seine eigene Krise: Ein paar Südamerikaner sitzen mit Mundschutz im Kino. Wohl damit keine Schweine-, Vogel- oder Rinderpestilenzen aus ihrem Rachenraum nach draußen dringen. Eine ganz echte Krise hat dann nur der deutsche Film: Aus Mangeln an Startern mit deutschem Blut, soll der Österreicher Michael Haneke mit seinem von mehreren Ländern produzierten „Das weiße Band“ heim ins eigentlich reichere Deutschland gerechnet werden. 45% Prozent seien ja die relative Mehrheit, sagen die, die vergessen, dass Kunst keine Politik und kein Börsenhandel ist. Erste Erinnerungen an eine langjährige Strecke ohne deutsche Filme im Wettbewerb werden schon wach. So erzählt eine Fachzeitschrift nicht vom Inhalt, von den seltsamen Ereignissen in einem norddeutschen Dorf vor dem Ersten Weltkrieg, sondern vom „explizit deutschen Stoff, verfilmt komplett in Deutschland, mit deutschen Schauspielern und mit X-Filme als federführenden deutschen Produzenten“! Jawoll!