27.5.09

Das Herz von Jenin


BRD 2008 (Das Herz von Jenin) Regie: Marcus Vetter, Leon Geller, 89 Min. FSK: ab 12, Hebräisch, Arabisch mit deutschen Untertiteln

Über das Zusammenleben, oder das Nicht-Zusammenleben von Israelis und Palästinensern in Israel und den besetzten palästinensischen Gebieten gibt es einige Dokumentation und auch Spielfilme - mit oft dokumentarischem Touch. Oft geht es darum, Staunen und Wut über das Unrecht einzufangen: Amos Gitai fuhr eine zu Tränen gerührte Rachel Portman ins Grenzgebiet. Catherine Deneuve riskierte einen Blick vom Libanon her auf von israelischen Bomben terrorisierte Gegenden. In „Waltz with Bashir“ und „Z32“ von Avi Mograbi arbeiten sich israelische Ex-Soldaten an ihren Morden ab, die sie wie im Albtraum verfolgen. Einige poetische Ansätze finden einen Weg aus den Schuldzuweisungen, wie zuletzt bei Elia Suleiman und seinem leisen Werk über Jahrzehnte israelischer Besatzung „Die Zeit, die bleibt“ im Wettbewerb von Cannes. Doch Hoffnung wächst so gut wie nirgends.

Auch die Dokumentation „Das Herz von Jenin“ beginnt mit einem Toten und viel Wut: „Jeder Tote wird mit 100 gerächt“, skandiert im November 2005 die Trauergemeinschaft des zwölfjährigen Jungen Ahmed, der von israelischen Soldaten erschossen wurde. Doch dann ereignet sich etwas, das man im Spielfilm als völlig unglaubwürdig, als utopisch bezeichnen würde: Ismael, der Vater des toten Ahmed, entschließt sich, dessen Organe zum Spenden freizugeben. Sechs israelische Kinder erhalten so Herz, Nieren, Lungen und Leber des Jungen.

Die Tat, die weltweit durch die Medien ging, wurde umso symbolischer dadurch, dass der erschossene Junge aus Jenin stammt, einem Zentrum der Intifada, des gewaltsamen Widerstandes gegen die Besetzung der Gebiete. Die Entstehungsgeschichte der Dokumentation „Das Herz von Jenin“ ist ebenso ungewöhnlich, wie das Ereignis. Mit einigen Aufnahmen von Trauerfeier und von glücklichen Empfängern der Organe kam Leon Geller zum "Talent Campus" der "Berlinale". Dort fand er Produzenten, sowie einen Ko-Regisseur, mit dem den im August 2007 neue Aufnahmen begannen. Sie begleiten Ahmeds Vater auf einer Reise zu drei der sechs Kinder, die durch die Organspenden gerettet wurden.

Hierbei findet der Film sein Herz. Er zeigt viele atmosphärische Bilder vom Leben in den Dörfern und tatsächlich auch ein Dorf , in dem verschiedene Bevölkerungsgruppen friedlich einträchtig zusammen leben. Selbstverständlich gibt es zwischen den rührenden Momenten auch die der ernüchternden Realitäten, angefangen bei den Schwierigkeiten - man könnte auch sagen: Schikanen - der Grenzkontrollen. Da äußern sich Vertreter der politischen und militanten Gruppen zu dieser interreligiösen Organspende. Da wird die Situation fast wieder absurd, wenn man einen geistigen Führer bei einer lebensrettenden Organspende um Erlaubnis bitten muss. Doch im wundersamen Geiste des Films, äußern die tatsächlich mal Sätze wie: „Du spendest nicht an Juden, sondern an Menschen.“